Beppe Grillos sinkende Sterne

Fünf-Sterne-Gründer Beppe Grillo startet Hetzkampagne gegen die Medien.

Es könnte der Inhalt eines Kabarettprogramms sein, das pünktlich zu Neujahr startet. Seine Ablehnung gegen Medien hat Fünf-Sterne-Chef und Berufskomiker Beppe Grillo bereits auf der Bühne 1998 thematisiert, als er sich mit einer bekannten Tageszeitung den Hintern säuberte. Doch Jahre später ist es Grillos politischer Ernst, wenn er Medien den Kampf ansagt.

Volksjury

Er wirft Fernsehen und Zeitungen die Verbreitung von Falschnachrichten, speziell Verleumdung gegen seine Partei, vor. Auf seinem Blog fordert der Chefpolterer die Einführung einer "Volksjury", welche die "Wahrheitstreue" der Nachrichten prüfen soll. Die Kommission soll aus Bürgern bestehen, deren Namen ausgelost werden. "Sie sollen auf transparente Weise die Wahrheitstreue von Zeitungsartikeln und Nachrichten prüfen", so der Fünf-Sterne-Gründer.

Kritiker sehen in Grillos umstrittenen Vorstoß, den Versuch von den heftigen Turbulenzen seiner Protestbewegung abzulenken. Vor allem von der miserablen Führung Roms von Bürgermeisterin Virginia Raggi. Intrigen, Unfähigkeit und Tatenlosigkeit prägten bisher die sechsmonatige Amtszeit. Die 38-jährige Römerin gerät immer stärker unter Druck. Vor Weihnachten wurde ihr enger Mitarbeiter und Personalchef der Stadtverwaltung, Raffaele Marra, wegen Korruption verhaftet. Marra ist als langjähriger Mitarbeiter des postfaschistischen Bürgermeisters Alemanno berüchtigt.

In der M5S-Bewegung herrsche ein Klima der Angst und Intrigen, berichten ausgeschiedene Mitarbeiter. Durch Marras Verhaftung könnte auch Raggi ein Untersuchungsverfahren drohen und sie den Job kosten. Ein Scheitern in der Hauptstadt wäre ein starker Rückschlag für die europakritische, populistische Fünf-Sterne-Bewegung.

Opportunismus

Die Fünf Sterne hatten bisher die strenge Regel, dass jeder Sterne-Politiker, der ins Visier der Justiz gerät, sofort zurücktreten muss. Nun wurde dieser Kodex geändert. Aus seinem Blog verlautete Grillo, dass seine Leute im Falle von Ermittlungen nicht mehr sofort ihr Amt niederlegen müssen. Es reicht, wenn die Parteizentrale informiert werde, die dann individuell von Fall zu Fall abstimme.

Autoritäre Führung

Italienische Medien sprechen angesichts der opportunistischen Wende von einem "decreto salva-Raggi" (Raggi-Rettungsdekret). Grillos autoritäre Führung sorgte auch in der Vergangenheit für Empörung. "Von einer demokratischen Bewegung kann hier nicht die Rede sein. Die Bewegung ist in der Hand von Grillo, seinem Neffen und seinem Unternehmensberater", erklärt ein Politologe. Die Sterne berufen sich stets auf "Basisdemokratie im Internet". In der Praxis hat jedoch allein Grillo das Sagen. Nach der jüngsten Hetzkampagne verklagte Chefredakteur Mentana vom privaten TV-Sender La 7 Grillo wegen Verleumdung. Auch Parlamentarier der Demokratischen Partei zeigten sich entsetzt: Sie beschuldigen Grillo, Zensur nach faschistischem Vorbild wieder einführen zu wollen.

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