Wobei zumindest deren Familienangehörige ihre Hoffnungen mehr auf Trump setzen als auf ihren Premier. Ohne Freilassungen wird es kein Kriegsende im Gazastreifen geben. An dem aber zeigt Trump sich eifriger interessiert als Netanjahu.
Netanjahu steht unter Druck
Denn Israels Premier steht unter Druck. Seine radikalen Minister wollen die Koalition platzen lassen, wenn der Krieg gegen die militante islamistische Hamas-Miliz nach dem gegenwärtigen Waffenstillstand nicht wieder aufgenommen wird. Der endet schon am 1. März.
Trump hingegen sieht die jetzige Waffenpause als Vorstufe zu einem Kriegsende. Darum sieht die US-Regierung die Gespräche in Washington auch als Beginn von Verhandlungen über eine Weiterführung des Waffenstillstands. Solche schreibt das bestehende Waffenstillstandsabkommen eigentlich vor – mit dem Ziel, alle 79 weiteren Geiseln freizubekommen. Was dann in eine „dauerhafte“ Waffenpause führen soll.
Trump ist persönlich stark an diesen Verhandlungen beteiligt. Das macht es Netanjahu unmöglich, direkt abzulehnen. Er wechselte aber seine Verhandlungsführer aus: Die Geheimdienstchefs David Barnea und Ronen Bar ersetzt fortan sein Vertrauter und Minister für Strategische Angelegenheiten, Ron Dermer.
Aus Netanjahus Umfeld heißt es, mit dieser „Politisierung“ könnten die Verhandler direkter mit Trump in Kontakt stehen. Israels Medien sprechen dagegen von einer Verlangsamung der Verhandlungen. Die Geheimdienstler arbeiteten lösungsorientiert auf eine Geiselfreilassung hin. Dermer wird vor allem die Interessen Netanjahus und den Bestand seiner Koalition im Auge haben.
Die Hamas verzögert die Freigabe von Geiseln bewusst
Auch in Washington ist das kein Geheimnis. Dort sollen bereits Vorschläge vorliegen, wie Netanjahu nach dem Bruch seiner Koalition und einer Trennung von seinen extremistischen Ministern die Koalition Richtung Mitte ausweiten kann. Netanjahu kennt diese Möglichkeit. Wie auch die damit verstärkte Gefahr von Neuwahlen.
Israels Forderungen für die Fortführung des Waffenstillstands über den 1. März hinaus sind: Zwangsexil für die im Gazastreifen verbliebene Hamas-Führung, die Entmilitarisierung des Gazastreifens und die Auslieferung aller Geiseln, auch wenn sie in Geiselhaft verstorben sind.
Die Hamas verweigert das, will ihre Präsenz in Gaza nicht aufgeben. Deshalb feilschen die Terroristen bis zur letzten Geisel, so verschaffen sie sich Zeit.
Will Trump eine Nahost-NATO mit Saudi-Arabien?
Bei alldem werden chaotische Szenen bei der Überführung der Geiseln zu einem nahezu unlösbaren Problem. Sie gefährden die Zukunft der Waffenruhe – und damit Trumps Ziel, das Bündnis der Vereinigten Staaten mit Israel auf weitere arabische Staaten, vor allem Saudi-Arabien, auszuweiten – eine Art Nahost-NATO. Die wäre nur vorstellbar, wenn Israel die Errichtung eines palästinensischen Staates zulassen würde.
Und hängt alles schon mit allem zusammen, kommt die zukünftige Iran-Politik Trumps hinzu. 2018 stieg er aus dem Nuklear-Abkommen mit Iran aus. 2025 möchte er es erneuern. Auf keinen Fall will er das Kriegsrisiko mit dem Iran erhöhen. Was Netanjahus Traum von einer Bombardierung der iranischen Nuklear-Einrichtungen in weite Ferne rücken lässt.
Soll heißen: Netanjahu will seine Koalition um jeden Preis halten. Trump will den Friedensnobelpreis.
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