Belgrad: Erneut Proteste gegen mutmaßlichen Wahlbetrug

Belgrad: Erneut Proteste gegen mutmaßlichen Wahlbetrug
Regierungschefin Brnabic bedankte sich bei russischen Nachrichtendiensten.

Mehrere Tausend Anhänger der serbischen Opposition haben am Montagabend in Belgrad erneut gegen mutmaßlichen Betrug bei der Kommunalwahl am 17. Dezember demonstriert. Die Teilnehmer der Kundgebung zogen durch die Belgrader Innenstadt und riefen „Diebe, Diebe!“ Es war der achte Protest in Folge. Zuvor waren nach Zusammenstößen mit der Polizei am Sonntagabend 35 Demonstranten festgenommen worden.

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Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen und Kommunalwahlen in vielen Städten, darunter Belgrad, hatte die Serbische Fortschrittspartei (SNS) des mächtigen Präsidenten Aleksandar Vucic Siege errungen. In Belgrad fiel aber der Erfolg der Präsidentenpartei knapp aus.

Nach Darstellung der Opposition und Analysen von Wahlforschern war aber auch dieser knappe Sieg nur durch massiven Betrug zustande gekommen. Zehntausende Wähler der Regierungspartei, die nicht in Belgrad wohnen, sollen aufgrund der organisierten Anmeldung von Schein-Wohnsitzen illegal für die Stadtversammlung eine Stimme abgegeben haben. Vucic hatte am Sonntag die Vorwürfe in einer Pressekonferenz bestritten.

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"Sturm auf das Rathaus"

Am Sonntag war der Protest der frustrierten Wähler eskaliert. Oppositionspolitiker wollten das Belgrader Rathaus betreten, woran sie die Polizei hinderte. Mutmaßliche Provokateure warfen Steine gegen das Gebäude und die Polizisten. Die Polizei setzte Tränengas gegen die Demonstranten ein. Nach Angaben des Innenministeriums wurden 38 Demonstranten festgenommen und 8 Polizisten verletzt.

Oppositionsparteien warfen der Polizei übermäßige Gewalt vor. Bei den Protesten fordern Anhänger der prowestlichen Koalition „Serbien gegen Gewalt“ eine Annullierung und Wiederholung der vorgezogenen Parlamentswahl sowie der Wahlen für das Belgrader Stadtparlament. Zuvor müssten aber gleichberechtigte Wahlbedingungen für alle Stimmberechtigten geschaffen und die Wählerverzeichnisse bereinigt werden, hieß es seitens der Anhänger.

Im Gebäude der staatlichen Wahlkommission befinden sich zudem sieben führende Mitglieder des Bündnisses „Serbien gegen Gewalt“ im Hungerstreik. Die seit einer Woche streikende Marinika Tepic sei aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustands seit Freitag auf tägliche Infusionen angewiesen, teilte das Bündnis mit.

Moskau: Westen wolle Serbien destabilisieren

Die serbische Ministerpräsidentin Ana Brnabic bedankte sich unterdessen bei russischen Nachrichtendiensten. Diese hätten ihre serbischen Kollegen informiert, dass ein Teil der serbischen Opposition die Wahlresultate infrage stellen und versuchen würde, gewaltsam an die Macht zu kommen. Dies sei in einen „Sturm auf das Rathaus“ am Sonntagabend gemündet, sagte Brnabic gegenüber dem TV-Sender Pink.

Russland warf dem Westen vor, die Spannung in dem Moskau freundlich gesinnten Balkanland zu schüren. „Die Versuche des kollektiven Westens, die Lage in dem Land zu destabilisieren, sind offensichtlich“, sagte die Sprecherin des Außenministeriums in Moskau, Maria Sacharowa, am Montag der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti

Die Proteste in Serbien verglich sie mit denen auf dem Maidan in Kiew, die Anfang 2014 zum Sturz des Kreml-treuen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch führten.

Eine internationale Wahlbeobachtungsmission hatte erklärt, die Regierungspartei SNS von Vucic habe sich durch Medienbeeinflussung und Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe wie Stimmenkauf einen unfairen Vorteil verschafft. Vucic sagte, die Wahlen seien fair verlaufen. „Vucic ist ein Dieb“, skandierten die Demonstranten am Sonntagabend.

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