Belgrad: Festnahmen nach Eierwurf auf Wandbild des Kriegsverbrechers Mladić

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Menschenrechtsaktivistinnen bewarfen Mladić-Graffiti mit Eiern, weshalb sie festgenommen wurden. Das sorgte für einen unruhigen Tag in Belgrad.

In den vergangenen Wochen wurde immer wieder von Politikern und Experten über die Möglichkeit eines neuen Krieges am Balkan gesprochen, speziell in Bosnien-Herzegowina. Auch nach 25 Jahren sorgt die Aufarbeitung des Jugoslawienkrieges für grobe politische Spannungen in der Region.

So auch am Dienstag, als mehrere NGOs aus Serbien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina versuchten, ein Wandgemälde des verurteilten serbischen Kriegsverbrechers Ratko Mladić in Belgrad zu übermalen. Die Aktion wurde aber von der lokalen Polizei verboten. Das Wandbild befindet sich in der Njegošova-Straße in der serbischen Hauptstadt.

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Die Aktivistin Aida Ćorović wird von Zivilpolizisten verhaftet

Der serbische Innenminister Aleksander Vulin erklärte, dass "weder diejenigen, die beabsichtigen, das Bild von General Mladić neu zu streichen, noch diejenigen, die es beschützen möchten, die Erlaubnis erhalten, sich dort zu versammeln". Den Versuch der Aktivisten nannte er "heuchlerisch, niederträchtig" und "von bösen Absichten" getrieben. Die Aktivisten der "Jugendinitiative für Menschenrechte" sehen das Wandbild als "ein Denkmal für Mladić", welches "unter dem Schutz" vom Staat und der Regierung steht.

Die serbische Polizei verbot die Kundgebung, um, wie es hieß, "Konflikte zu vermeiden", besonders am Internationalen Tag des antifaschistischen Kampfes am Dienstag.

Rechte Hooligans feiern Mladić

Die Menschenrechtsaktivistinnen Aida Ćorović und Jelena Jaćimović begaben sich trotz des ausgesprochenen Verbots zum Wandgemälde und bewarfen es mit Eiern. Sie wurden umgehend von Zivilpolizisten festgenommen, nach der Vernehmung am späten Nachmittag aber wieder freigelassen.

Vor dem Graffiti-Porträt versammelten sich in einer Gegendemonstration auch rechtsextreme Gruppen, die die Aktivisten mit Brettern bewarfen und Journalisten des Nachrichtensenders N1 beschimpften und bedrohten. Die Menschenrechtsaktivisten haben ruhig auf das Verhalten der Hooligans reagiert und sangen eine Stunde lang Partisanenlieder aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Rechtsextremen antworteten mit nationalistischen Gesängen und feierten Mladićs Taten. 

Mehrere Festnahmen

Am Abend erschien auch Innenminister Vulin selbst vor Ort, er soll eine Blume vor dem Mural eine Blume hinterlassen haben. Insgesamt wurden am Dienstagabend sechs Personen bei dem Polizeieinsatz festgenommen, drei von ihnen waren Hooligans des Fußballvereins Partizan Belgrad.

Ein Vertreter der Sozialdemokratischen Partei, Đorđo Žujović, hat am Mittwochvormittag einen Eimer mit Kalkmalereien über das Bild von Mladić gegossen. Im Interview mit Al Jazeera Balkans bezeichnete er die Tat als seine "zivilisatorische Pflicht".

Bosnian Serb General Ratko Mladic leaves a meeting at the airport in Sarajevo

Mladic während des Krieges 1995

Der bosnisch-serbische Militärkommandant im Jugoslawien-Krieg (1992-1995) Ratko Mladić wurde vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) wegen Völkermord in der bosnischen Stadt Srebrenica 1995 sowie Kriegsverbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt. Die serbische Regierung will die Urteile des ICTY nicht anerkennen. Mladić wurde im Mai 2011 in Serbien festgenommen, nachdem er 15 Jahre lang auf der Flucht war. Im Juni 2021 wurde sein Urteil vor dem ICTY bestätigt.

Staatspräsident bricht Interview wegen Srebrenica ab

Seit Ende Juli ist die Leugnung vom Srebrenica-Genozid in Bosnien-Herzegowina verboten. Vor Mandatsende änderte der damals scheidende Hohe Vertreter der internationalen Staatengemeinschaft Valentin Inzko das Strafgesetz.

Gestern sorgte auch ein Interview vom kroatischen Mitglied im bosnischen Staatspräsidium Željko Komšić für Furore. Als er mit einem Journalisten der serbischen Nachrichtenagentur Tanjug sprach, zeigte sich der Journalist mit der Entscheidung des ICTY nicht einverstanden. Komšić brach das Interview ab: "Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, sollen Sie dann mit jemand anderem sprechen. Genießen Sie die Zeit in Sarajevo!". Am Mittwoch wurde der Journalist bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.

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