BVT: Alkohol, Karenz und „Bambi-Meat“ – aber nichts Strafbares
Im U-Ausschuss rund um die BVT-Razzia wurden nun erstmals Belastungszeugen befragt. Den Anfang machte die Wirtschaftspsychologin P., die 2015 als Praktikantin im Nachrichtendienst-Referat Korea und China anfing.
„Mein Mann ist Diplomat. Ich habe mich beworben, weil es sehr günstig ist, wenn ich in einem Ministerium arbeite, denn da kann ich mich zwischendurch karenzieren lassen“, sagte die frühere BVT-Mitarbeiterin. Ihre Aufgabe als Analytikerin sei es gewesen, die Ermittlungsergebnisse der Polizisten „zusammenzufassen“. Doch das Klima in diesem Referat war rau. Sie sei täglich mit Machtspielen und Diskriminierungen bis hin zu Mobbing konfrontiert gewesen.
Sie habe sich bei Treffen mit ausländischen Delegationen geniert, weil ihr Chef schlechte Englisch-Kenntnisse hatte und Rehfleisch mit „Bambi-Meat“ übersetzte. Außerdem sei bei diesen Treffen viel Alkohol konsumiert worden. Strafrechtlich Belastendes brachte sie im U-Aussschuss trotz mehrfacher Nachfragen nicht vor. Die Abgeordneten hatten Mühe, auf konkrete Fragen klare Antworten zu erhalten.
P. erzählte aber, dass sie sich im September 2017 karenzieren ließ, weil sie es im BVT nicht mehr ausgehalten habe (sie habe etwa Radio Niederösterreich hören müssen). Später wollte sie die Missstände im BVT aufzeigen.
„Ich wollte mit einem Minister sprechen und wusste, es kommen Wahlen“, sagte P. aus. Über einen Ex-Kollegen wurde dann im Februar 2018 der Kontakt zu BMI-Kabinettsmitarbeiter Udo Lett hergestellt. Beim anschließenden Treffen im Ministerium waren Lett, Generalsekretär Peter Goldgruber und anfangs auch Minister Kickl anwesend, wie eine parlamentarische Anfrage der Neos ergab und die Zeugin bestätigte. Das überraschte den U-Ausschuss.
„Erstmals wurde festgestellt, dass Bundesminister Herbert Kickl bei einem Gespräch mit einer Zeugin anwesend war, das ist eine neue Qualität“, sagte ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon. Mit ging sie dann zur Einvernahme bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft.
„Diese Auskunftsperson hat nicht gewusst, zu welchem Thema sie zur Staatsanwaltschaft mitgenommen wurde“, sagt Amon. „Der Inhalt hat sich auf Tratsch und Gerede bezogen, der nicht hinterfragt wurde.“
Als zweiter Hauptbelastungszeuge sagte W. aus. Er war Abteilungsleiter und als Einziger in der Befehlskette nicht als Beschuldigter geführt worden. Er berichtete, dass er sich am 2. und 9. Februar mit Lett beziehungsweise Peter Goldgruber getroffen hatte, einmal im Ministerium und dann in einem Gasthaus am Stadtrand. Dabei sei es aber fast ausschließlich um seine Karenzierung gegangen. Drei Stunden lang wurde offenbar darüber gesprochen. Das ist insofern interessant, als einer Karenz eigentlich der unmittelbare Vorgesetzte zustimmen muss. Es ist zumindest ungewöhnlich, so etwas mit dem Generalsekretär zu besprechen.
Strafrechtlich Relevantes sei ihm auch nicht aufgefallen. Bei dem Treffen mit Goldgruber sei aber vage darüber gesprochen worden, dass er vor der Staatsanwaltschaft aussagen müsse, er wurde gleich von jeglicher Amtsverschwiegenheit entbunden. Der penible Jurist Goldgruber habe seines Wissens nach keine schriftliche Aufzeichnung gemacht. Für Überraschung sorgte auch, das W. zugeben musste, dass er FPÖ-Mann Udo Landbauer „seit zwei Jahren“ kenne. Näher konnte oder wollte er nicht darauf eingehen, später meinte er, dass das nur „vom Sehen“ her sei.
Er betonte, dass es von ihm keine Freigabe für die Weitergabe der nordkoreanischen Reisepassrohlinge an Südkorea gegeben habe. Diese hatte sein Untergebener P. weitergegeben und sich darauf berufen, dass W. dies mündlich genehmigt habe.
„Ja“, lautet die kurze Antwort von W. auf die Frage von Peter Pilz, ob es einen parteipolitischen Auftrag des ÖVP-Kabinetts gab, gegen die SPÖ und Anwalt Gabriel Lansky zu ermitteln. Lanskys Aussage am Abend ergab wenig Neues, bei fast jeder Frage verwies er auf das Anwaltsgeheimnis. Heute, Mittwoch, soll Ex-BVT-Chef Gert-Rene Polli befragt werden.
Kommentare