60 Bände Akten sowie weitere 33 Fallakten sind in der Hauptstadt eingetroffen. Bereits am Dienstag stattete ihm der Staatsschutz einen Besuch ab, beschlagnahmte Laptops, Handys, SIM-Karten, USB-Sticks und Festplatten. „Wir klären auf, ob und in welchem Umfang Attila Hildmann durch seine Äußerungen die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten und sich strafbar gemacht haben könnte“, twitterte die Staatsanwaltschaft Berlin am Donnerstag.
Hildmanns Strategie wird geprüft
Zudem will man klären, ob die Verwendung des Konjunktivs die gerichtliche Verfolgung erschwert, wird Generalstaatsanwältin Margarete Koppers zitiert. „Auch wenn jemand scheinbar im Konjunktiv spricht, kann das unter Umständen dieselbe aufhetzende Wirkung bei den Zuhörenden auslösen.“
Mit dieser Strategie scheint sich Hildmann durchzulavieren. Als er im Sommer Grünen-Politiker Volker Beck verbal angriff, schickte er voraus: „Wenn ich Reichskanzler wäre“, und setzte dann fort: Für Beck solle in diesem Fall die Todesstrafe „durch Eiertreten“ eingeführt werden. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung schloss Volker Beck nicht aus, dass so ein Gerede bei Anhängern zu realer Gewalt führen könnte.
In Berlin bespritzten Unbekannte kürzlich mehrere Objekte im Pergamonmuseum, das Hildmann in seinem Telegram-Kanal als „Thron des Satans“ bezeichnet hatte. Gegen die Fassade des Robert Koch-Instituts (RKI) warfen sie Brandsätze. Die Experten des Instituts beobachten seit Monaten die Ausbreitung des Coronavirus und beraten die deutsche Bundesregierung. Für den Verschwörungsideologen wäre das RKI aber einer der „Hauptverbrecher der BRD“, genauso wie die Politiker Angela Merkel, Markus Söder, Jens Spahn sowie gebührenfinanzierte Medien und Konzernmedien.
Muskelbepackter Veganer
Kein Problem scheint er mit den Medien zu haben, wenn er sich mit ihnen als Geschäftsmann legitimieren kann. Auf seiner Webseite sind Sender-Logos mit Verweis auf frühere Auftritte zu sehen. Lange vor Corona war er gern gesehener Gast in diversen Sendungen. Als Veganismus neu aufkam und polarisierte – so wie Hildmann, der sich zu verkaufen wusste: Einen muskelbepackten Veganer, der Porsche fährt und selbstbewusst für seinen Lebensstil wirbt – das gab’s vorher nicht im deutschen Fernsehen. Mit TV-Koch Tim Mälzer stritt er sich auf Facebook; der Tagesspiegel-Journalistin, die einen Burger in seinem 2017 eröffneten Imbiss kritisierte, wollte er ihr am liebsten „Pommes in die Visage stopfen“. Dann legte er in einem Facebook-Post nach, lud weitere Journalisten zum Test-Essen ein, stellte dazu ein Foto von sich selbst mit einer Schusswaffe in der Hand und schrieb unter anderem: „Ich werde ruhig bleiben, es sei denn, sie schreiben oder sagen wieder irgendeine Scheiße, dann werde ich diesmal komplett ausrasten!“
Eskaliert ist er, als ihn die Berliner Polizei einmal wegen Falschparken belangen wollte und ihn dann wegen Widerstand und Beleidigung anzeigen musste. Abgeführt und festgenommen, so war er zuletzt auch bei den Anti-Corona-Demonstrationen zu sehen. Und ist es demnächst vielleicht vor Gericht.
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