Seit dem Ukraine-Krieg wächst die Zahl einsatzbereiter Atomwaffen

Seit dem Ukraine-Krieg wächst die Zahl einsatzbereiter Atomwaffen
Im Vorjahr hielten wieder mehr Staaten eine große Zahl an Atomwaffen in Bereitschaft, berichtet das schwedische SIPRI-Institut. Insgesamt sinke die Zahl der Atomwaffen aber.

Mit Beginn des Krieges in der Ukraine begann eine neue Ära der atomaren Drohgebärden. Vor allem Russlands Präsident Wladimir Putin kündigte seither mehrfach an, auf den berüchtigten „roten Knopf“ zu drücken, sollten westliche Staaten direkt in den Krieg eingreifen. Putin ließ kleinere, sogenannte taktische Nuklearsprengköpfe im benachbarten Belarus stationieren und ordnete seine Generäle mehrfach an, die „großen“ Atomwaffen in besondere Alarmbereitschaft zu versetzen.

Doch Russland ist nicht die einzige Großmacht, die mit Blick auf die zerstörerischsten Waffen in ihrem Arsenal aktiv geworden ist. Wie in jedem Jahr veröffentlichte am Montag das schwedische Friedensforschungsinstitut SIPRI einen Bericht zum weltweiten nuklearen Wettrüsten – mit einigen besorgniserregenden Erkenntnissen.

USA haben die meisten Atomwaffen einsatzbereit gemacht

Demnach stieg die Zahl der unmittelbar einsatzbereiten Atomwaffen im Vorjahr erneut an: Fünf Länder –  die USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China –  hätten insgesamt 3.904 Atomsprengköpfe auf Raketen angebracht und jederzeit für den Einsatz vorbereitet, das sind 60 mehr als noch 2022. Die USA stellen mit 1.770 die meisten, knapp vor Russland (1.710). 

Nur vier Atommächte – Indien, Israel, Nordkorea und Pakistan – haben keinerlei Atomwaffen einsatzbereit gemacht. Daneben befinden sich 5.681 weitere Atomsprengköpfe in militärischen Lagern, hier liegt Russland (2.670) vor den USA (1.938). 

China holt langsam auf: "Kein Land baut sein Atomwaffenarsenal schneller aus"

China liegt dahinter abgeschlagen auf Platz drei, hält mit 24 einsatzbereiten und 476 eingelagerten Sprengköpfen aber bereits deutlich mehr als noch 2022, wo das Land insgesamt nur über 410 Atomwaffen verfügte. „China baut sein Atomwaffenarsenal schneller aus als jedes andere Land“, schreibt SIPRI-Experte Hans Kristensen in dem Bericht. Doch alle Atommächte zeigten Bestrebungen, ihre Bestände weiter aufzustocken.

Die Forscher beklagen außerdem, dass die neun Atommächte heute weniger Informationen preisgeben würden als noch vor Beginn des Ukraine-Krieges. Vor allem Russland und die USA würden hier mit schlechtem Beispiel vorangehen. Im SIPRI-Bericht heißt es: „Wir haben seit dem Kalten Krieg nicht mehr erlebt, dass Atomwaffen eine so herausragende Rolle in den internationalen Beziehungen spielen.“

Konkret hatte Wladimir Putin im Februar 2023 den gemeinsam mit den USA unterzeichneten Abrüstungsvertrag „New Start“ aufgekündigt, der den stetigen Abbau von Atomwaffen sowie Inspektionen auf beiden Seiten vorgesehen hatte. Er wäre eigentlich erst 2026 abgelaufen und soll nicht verlängert werden. 

Zumindest eine positive Nachricht birgt der Bericht dann doch: Die Zahl der insgesamt verfügbaren Atomwaffen – also einsatzbereite, militärisch sowie zentral gelagerte – ist im Vorjahr im Vergleich zu 2022 gesunken: Damals waren es noch 12.512 nukleare Sprengköpfe, inzwischen sind es 12.121. Was daran liegt, dass Russland und die USA im vergangenen Jahr trotz der offen ausgetragenen Feindseligkeiten erneut eine große Menge an Atomwaffen „außer Dienst gestellt“, also zur Demontage freigegeben haben: In den Vereinigten Staaten waren es 1.336, in Russland 1.200.

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