John Kerrys Wien-Abreise verlief mit Pannen

John Kerrys Flieger erweist sich als wenig krisenresistent.
Der US-Außenminister verließ die Atomgespräche per Linienflug - sein Dienstflieger streikte erneut.

US-Außenminister John Kerry, der für einen Tag bei den Atomgesprächen zwischen den fünf UN-Vetomächten plus Deutschland und dem Iran in Wien weilte, ist wieder abgeflogen – allerdings nicht wie geplant. Sein Dienstflugzeug blieb vorerst am Boden, die Maschine der US-Luftwaffe konnte wegen "technischer Probleme" nicht starten. Kerry und seine 40-köpfige Delegation mussten auf einen Linienflug ausweichen.

Es ist bereits das vierte Mal heuer, dass Kerrys Maschine wegen technischer Schwierigkeiten nicht abheben konnte. Der Vielflieger hat seit seinem Amtsantritt im Februar 2013 bereits 911.000 Flugkilometer zurückgelegt und verbrachte 50,8 Tage in der Luft. Kerry ist auf dem besten Weg, den Reiserekord von Vorgängerin Hillary Clinton zu brechen. Diese schaffte in vier Jahren fast eine Million Flugkilometer.

"Es sind also nicht nur unsere Flugzeuge...", kommentierten Mitglieder der iranischen Delegation bei den Wiener Atomgesprächen die Panne schmunzelnd. Wegen des Ersatzteilmangels aufgrund der internationalen Sanktionen gegen Teheran sind die iranischen Flugzeuge nämlich anfällig für technische Gebrechen.

Dräuende Deadline

Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif sprach am Donnerstag von „sehr schwierigen Verhandlungen", hält einen Konsens bis zur Deadline am 24. November aber für möglich.Bereits zuvor hatte der iranische Chefdiplomat mehrfach betont, dass im elf Jahre andauernden Streit rund um die iranische Urananreicherung noch mehrere Verhandlungsrunden nötig seien, da es "verbleibende Themen mit großen Diskrepanzen" gebe.

Verhandelt wird derzeit im Wiener Palais Coburg (siehe unten). Unter anderem standen am Donnerstag die Anzahl der Zentrifugen des Iran, der Zeitplan für die Lockerung der westlichen Wirtschaftssanktionen gegen Teheran und ein Übereinkommen über glaubhafte und überprüfbare Garantien, dass das Nuklearprogramm der Perser ausschließlich friedlich sei, auf dem Programm.

Zarif unterstrich noch einmal, dass alle Anstrengungen auf Lösungen gerichtet seien. Um einen Konsens zu erreichen, gebe es verschiedene Wege. "Sanktionen sind eine emotionale Besessenheit und nicht der beste Weg für Verhandlungen. Der Westen muss sich von mentalen Illusionen verabschieden, denn die Sanktionen haben dazu geführt, dass der Iran statt 200 nun 19.000 Zentrifugen hat", sagte der Chefdiplomat gegenüber iranischen Medien.

Wichtig sei nun vor allem, die Verhandlungen rasch voran zu treiben und das Tempo zu forcieren. Zuvor hatte der Iran eine Verlängerung der Deadline am 24. November ins Spiel gebracht, was von den Amerikanern und den Europäern strikt abgelehnt wurde

Bilder: Von Arak bis Isfahan - Irans Atomanlagen

John Kerrys Wien-Abreise verlief mit Pannen

FILE IRAN NUCLEAR DEVELOPMENTS
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FILES IRAN NUCLEAR
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View of the Arak heavy-water project southwest of
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FILE IRAN IAEA NEW URANIUM CENTRIFUGES
John Kerrys Wien-Abreise verlief mit Pannen

To match Special Report IRAN-USA/NUCLEAR
John Kerrys Wien-Abreise verlief mit Pannen

IRAN NUCLEAR PROTEST
John Kerrys Wien-Abreise verlief mit Pannen

File photo of Russian and Iranian operators monito

Zu Jahresbeginn, da wurde es noch als Gerücht gehandelt: Die Atomgespräche mit dem Iran – offiziell natürlich in der Wiener UNO-City angesiedelt – fänden in Wahrheit hinter verschlossenen Türen im Palais Coburg in der Wiener Innenstadt statt. Lange ließ es sich ohnehin nicht verheimlichen, dass Irans Außenminister Javad Zarif, EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und bei einem der Wien-Gipfel sogar US-Außenminister John Kerry ständig vor dem klassizistischen Prunkbau vorfuhren. Lediglich für die abschließenden Statements vor der Presse fuhr man noch rasch über die Donau und bei der UNO vor. "Einige Journalisten haben das bald mitgekriegt und das Palais belagert", erinnert man sich im Wiener Außenamt an die Bald-nicht-mehr-so-Geheimgespräche. Irgendwann habe man als Gastgeber beschlossen, mit der "Schimäre" Schluss zu machen.

Genug Dächer für Scharfschützen

Inzwischen ist das Coburg offizieller Tagungsort, auch für die heute, Dienstag, eröffnete nächste Runde der Atomgespräche – in eben der genannten hochrangigen Besetzung. Dass sich die notorisch Sicherheits-bewussten Amerikaner mit dem Coburg angefreundet haben, liegt unter anderem an der inzwischen perfekt eingespielten Logistik bei der Überwachung. Das Zusammenspiel zwischen Österreichs Verfassungsschützern und den US-Sicherheitskräften klappt offensichtlich lückenlos. Die Amerikaner, so erzählt ein Insider, hätten rundherum genügend Dächer in bester Lage, um Scharfschützen zu postieren. Dass sich in Sichtweite, im Gebäude des Marriott-Hotels, das US-Konsulat befindet, kommt da logistisch auch nicht ungelegen.

Für die Iraner dagegen ging es um einen demonstrativ neutralen Austragungsort. Es war schon ein Kompromiss gewesen, die Gespräche in einem EU-Mitgliedsland stattfinden zu lassen, und nicht, wie lange Zeit, in der Schweiz. Also hält sich das Wiener Außenministerium als Gastgeber bewusst zurück. Offizielle Konferenzorte, wie sie die Republik sonst nützt, würden da – meint man im Ministerium – nur als politische Belastung verstanden.

Zähe Verhandlungen

Anders als die bekannten Wiener Business-Hotels gibt sich das Hotel im Palais Coburg demonstrativ diskret. Da das Palais neben dem Hotel auch den Firmensitz des Inhabers – Finanzmagnat und Multimillionär Peter Pühringer – beherbergt, gibt es Möglichkeiten für Gespräche in jeder Größenordnung. Man kann ungestört unter vier Augen zusammentreffen, aber auch in großer Delegation, oder vor den Augen Dutzender Journalisten. Iranische Reporter werden ja dutzendfach eigens eingeflogen. Für drei Tage sind die Gespräche in Wien anberaumt – und die dürften, so die Erwartungen politischer Beobachter, bis zum Rand voll mit mühsamem Tauziehen um heikle technische Details sein.

In wenigen Wochen, am 24. November, soll eine endgültige Einigung über das iranische Atomprogramm stehen. Doch statt des Optimismus der letzten Runden dominiert inzwischen wieder das gegenseitige Misstrauen. Dass der Iran einen US-Experten der UN-Atombehörde IAEO nicht ins Land lassen wollte, verärgert den Westen. Dass der dagegen statt auf Stilllegung auf Demontage iranischer Atomanlagen besteht, will Teheran nicht hinnehmen. Präsident Rohani sprach Montag Abend denn auch von einer möglichen Verlängerung der Verhandlungen.

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