Asylzentrum Ruanda: Briten-Premier will den Plan durchpeitschen
Vor der für den britischen Premier Rishi Sunak entscheidenden Woche ging der ehemalige Fußball-Superstar des Vereinigten Königreichs, Gary Lineker, in die Offensive: „Unsere Regierung versucht noch immer, Menschen, die vor Verfolgung fliehen, nach Ruanda zu verbannen.“ Das schrieb der frühere Top-Stürmer in einem offenen Brief. Unterzeichnet wurde dieser auch von dem Schauspieler Brian Cox sowie seiner Kollegin Sophie Okonedo, die im Film „Hotel Ruanda“ brillierte.
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Hintergrund: Der konservative Regierungschef hält mit Blick auf die Wahlen im kommenden Jahr daran fest, Menschen, die illegal über den Ärmelkanal ins Land kommen, in das zentralafrikanische Land Ruanda abzuschieben. Dort sollen sie Asyl stellen. Allerdings hatte das britische Höchstgericht dieses Ansinnen zurückgewiesen, weil die Betroffenen kein faires Verfahren erwarte. Sunak, der mit seinen Tories in Umfragen hoffnungslos hinter Keir Starmer und dessen Labour-Partei zurückliegt, glaubt, bei den Wählern mit einem harten Kurs punkten zu können, und will Ruanda per Gesetz zu einem sicheren Drittland erklären lassen. Heute, Dienstag, soll das Unterhaus darüber beraten und abstimmen.
Und dabei zeichnet sich eine Zerreißprobe ab. Denn während moderate Tories den Vorstoß kritisieren, geht er dem rechten Flügel nicht weit genug. Der bisherige britische Migrationsstaatsminister, der Hardliner Robert Jenrick, ist deswegen jüngst sogar zurückgetreten. Diese Gruppe um die frühere Innenministerin Sue-Ellen „Suella“ Braverman kann sich sogar vorstellen, aus der Europäischen Konvention für Menschenrechte auszusteigen. Begründung: Selbst nach der vom Premier angestrebten Gesetzesänderung könnten Migranten vor dem Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg klagen. Fest steht: Sollte Sunak die Abstimmung – aus welchen Gründen auch immer – verlieren, wären seine Tage als Regierungschef wohl gezählt. Auch Neuwahlen stünden im Raum.
280 Mio. Euro für Ruanda
Seit das „Ruanda-Modell“ aufs Tapet kam, überwies London bereits 240 Millionen Pfund (knapp 280 Millionen Euro) an das Land im Herzen Afrikas – Migrant aus Großbritannien kam noch kein einziger. Dennoch (und trotz vager Gesetzeslage) sollen kommendes Jahr weitere 50 Millionen Pfund (knapp 60 Millionen Euro) nach Ruanda fließen.
Doch dass diese Rechnung aufgeht, daran glaubt offenbar auch die Regierung in London nicht so recht: Denn um die Unterbringung und medizinische Versorgung von illegalen Bootsmigranten zu gewährleisten, wurden für die kommenden sechs Jahre 700 Millionen Pfund (fast 820 Millionen Euro) reserviert. Das geht aus einer Ausschreibung hervor, die kürzlich veröffentlicht wurde.
Die britischen Pläne, Ruanda als Asylzentrum zu etablieren, stoßen auch in einigen EU-Ländern auf großes Interesse – etwa in Österreich: Die Regierung will ja ebenso in Drittstaaten Asylzentren ermöglichen.
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