Asylpolitik in Deutschland: Feuer am Dach

Neues Symbol deutscher Ablehnung von immer mehr Flüchtlingen und Migranten: Das durch Brandstiftung unbrauchbar gemachte Asylantenheim in Tröglitz (Sachsen-Anhalt)
Der Widerstand gegen zusätzliche Flüchtlinge wächst, die Koalition ist in der Asylpolitik uneins.

Drei Mails mit Morddrohungen, eine weitere per Brief mit weißem, undefiniertem Pulver, eine durch Gäste in einem Gasthaus: Bodo Ramelow, Regierungschef von Thüringen, wird immer unbeliebter. Bei einem Teil seiner Landsleute zumindest: Alle Fälle bezogen sich auf den geplanten Ausbau von zwei Aufnahmelager in Thüringen auf fünf.

Schon in den letzten Wochen hatte die Bevölkerung mehrerer kleiner Orte in Ostdeutschland gegen die Aufnahme zusätzlicher Asylanten demonstriert. In Tröglitz in Sachsen-Anhalt waren der Bürgermeister und der Landrat von Neonazis bedroht worden, ein für neue Flüchtlinge gerade renoviertes Wohnhaus brannte nach Brandstiftung teilweise aus.

Asylpolitik in Deutschland: Feuer am Dach
epa04521503 German state Thuringia's Prime Minister Bodo Ramelow speaks in the state chancellery and is reflected in the surface of a monitor in Erfurt, Germany, 09 December 2014. The new leftist government coalition has stopped the winter deportation of around 1900 asylum seekers living in Thuringia, as one of their first acts after coming to power. EPA/MARTIN SCHUTT
Ramelow, seit 2014 erster Ministerpräsident der Linken in Koalition mit SPD und Grünen, versucht das Einwanderungsthema seit längerem politischer zu besetzen als andere Landeschefs. Wie die oppositionellen Grünen und der linke Flügel des Koalitionspartners SPD wirft er der Bundesregierung mangelnden Willen zur Aufnahme und Betreuung von Migranten vor. Wie einige SPD-regierte Länder verlangt auch er mehr Geld vom Bund.

Der rechnet heuer mit 300.000 Asylbewerbern, inoffizielle Schätzungen befürchten 500.000. Kein anderes EU-Land erlebt derzeit so einen Ansturm von echten und Scheinflüchtlingen. Daher sind die Aufnahmelager in allen Bundesländern schon jetzt überfüllt. Die für die Betreuung zuständigen Kommunen klagen über Feindseligkeiten durch einen Teil der Bevölkerung – und akute Geldnot.

Koalitionsstreit

Asylpolitik in Deutschland: Feuer am Dach
German Interior Minister Thomas de Maiziere presents a draft law on a better cooperation for protection of the constitution sector and police informers at a news conference at the Bundespressekonferenz in Berlin, March 25, 2015. The German government has no reason to suspect foul play in the crash of a Germanwings airliner in France on Tuesday that killed all 150 passengers and crew, Germany's interior minister said. REUTERS/Stefanie Loos
Die Koalition streitet seit Längerem darüber. Die SPD fordert eine Sonderfinanzierung, die Union knüpft sie an Bedingungen. Sie verweist auf das CSU-regierte Bayern, das prozentuell die meisten Flüchtlinge aufnahm und trotzdem seinen Kommunen die Ausgaben voll ersetzt. Die SPD-regierten Länder müssten das auch tun und nicht, wie etwa Nordrhein-Westfalen, die Hälfte der Kosten ihren ohnehin höchstverschuldeten Städten überlassen, fordert die CDU. Sie verlangt von SPD- und grün regierten Ländern auch die konsequentere Abschiebung abgelehnter Asylbewerber so wie in Bayern. Die meisten der rot-grün regierten Länder verzichten darauf, gesetzeswidrig aus überwiegend ideologischen Gründen. Ramelow hat sogar offiziell einen Abschiebestopp verordnet, womit alle illegalen Einwanderer im Land bleiben. In ganz Deutschland waren das allein 2014 um die 150.000.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) relativierte im ZDF dieses getrübte Bild der deutschen Flüchtlingspolitik: Trotz der Proteste von rechts nähmen die Deutschen Kriegsflüchtlinge überwiegend offen auf, der Bund gebe jährlich 500 Millionen Euro zusätzlich dafür. Die politisch motivierte Gewalt von rechts sei zwar leicht auf 1000 Straftaten gestiegen, von links aber fast doppelt so hoch, so de Maizière. Konsequente Abschiebung reiner Wirtschaftsflüchtlinge erhöhe die Toleranz für echte Asylanten und Kriegsopfer.

Wilders bei Pegida-Demo

Die stand am Montag in Dresden wieder auf dem Prüfstand: Die islamkritische "Pegida"- Bewegung engagierte erstmals den niederländischen Antiislamisten Geert Wilders als Redner. Zu der Kundgebung kamen etwa 10.000 Menschen.

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