Es sei wohl eine Phase der „Unsicherheit“ gewesen, die viele Menschen 2020, im ersten Jahr der Corona-Pandemie, zögern ließ, ihre Heimat zu verlassen. So die Analyse von Migrationsexperten, die im Auftrag der EU-Grenzschutz-Agentur Frontex deren Zahlen begutachten. Und diese Zahlen zeigten im gerade abgelaufenen Jahr wieder sehr deutlich nach oben.
2015 weit entfernt
Knapp 200.000 Menschen haben laut aktuellen Frontex-Berichten im Jahr 2021 die Grenzen in die EU überschritten. Damit übertrifft man nicht nur 2020, sondern auch die Jahre davor deutlich und erreicht die Zahlen des Jahres 2017. Von der Flüchtlingskatastrophe 2015, als 1,8 Millionen Menschen das Gebiet der Union erreichten, bleibt man trotzdem Lichtjahre entfernt. Und diese Zahlen werde man auch in absehbarer Zeit nicht wieder erreichen.
Doch die illegale Migration wird auch in den kommenden Jahren weiter ansteigen, sind sich die Experten einig, „einfach weil die Zahl jener, die auswandern wollen oder müssen, weiter zunimmt“. Nun entlade sich auch ein Druck, der sich im ersten Corona-Jahr aufgestaut habe.
Pandemie macht ärmer
Die Pandemie hat dazu einiges beigetragen. Während die reichsten Personen der Welt ihre Vermögen verdoppelt haben – der KURIER berichtete –, sind 800 Millionen Menschen weltweit durch die Seuche in die extreme Armut abgerutscht.
Klimawandel
Doch das ist nicht der einzige Faktor, der die Migration in Richtung Europa antreibt. Der Klimawandel, der etwa riesige Flächen in Nordwestafrika in unbewohnbare Steppen verwandelt, lässt viele aus dieser Region aufbrechen. Auch in Afghanistan ist es keineswegs nur die Machtübernahme durch die Taliban, sondern vielmehr die seit Jahren anhaltende Dürre, die die Menschen in Richtung Europa aufbrechen lässt.
Krieg in Afrika
Dazu kommen weltweit Konflikte, die im Vorjahr entweder ausgebrochen sind oder sich verschärft haben. Am meisten Aufmerksamkeit erweckte der Bürgerkrieg in Äthiopien, bei dem etwa 1,2 Millionen Menschen ihre Heimat verloren haben. Für Experten eine Zeitbombe, die eine Massenflucht aus den umkämpften Regionen in den kommenden Jahren erwarten.
Tod im Mittelmeer
Die wichtigste Route für die Flucht nach Europa bleibt der Weg über das Mittelmeer. 65.000 Menschen haben diese gefährliche Reise angetreten. Fast 2.000 sind nach NGO-Angaben dabei ertrunken, und das sind nur jene, deren Tod in die Statistiken einging. Die Dunkelziffer ist riesig. Doch das anhaltende politische Chaos in Ländern wie Libyen lässt das Schlepperwesen auf der zentralen Mittelmeer-Route weiter boomen.
Die dramatischste Steigerung aber – wenn auch auf niedrigem Niveau – wurde an den EU-Außengrenzen zu Weißrussland verzeichnet. Fast 8.000 Menschen versuchten es auf diesem Weg, unterstützt und geschleust vom weißrussischen Regime, das damit die EU destabilisieren will. Die Union reagierte mit Härte und schob die Menschen konsequent zurück.
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