Minengürtel und Drohnenwall: Polen und Balten für massiven Grenzschutz

Cyberangriffe, Brandanschläge auf kritische Infrastruktur, das Kappen von Unterseekabeln, gezielte Ermordungen russischer Überläufer oder Spionage in ausländischen Kasernen – die subversiven russischen Aktivitäten auf europäischem Boden haben in den vergangenen Monaten stark zugenommen.
Die Zahl der Vorfälle stieg von 13 im Jahr 2023 auf 44 im Jahr 2024, so eine Untersuchung der Universität Leiden. Es sind kleine Nadelstiche, die aber vor allem bei den baltischen Staaten, Polen und Finnland für Alarmstimmung sorgen.
Die "Ottawa-Konvention"
Während Finnland schon länger mit dem Gedanken spielt, die „Ottawa-Konvention“, die den Einsatz von Antipersonenminen verbietet, zu verlassen, schlagen die anderen Staaten nun in dieselbe Kerbe: „Deshalb empfehlen wir einstimmig, aus dem Ottawa-Übereinkommen auszutreten. Mit dieser Entscheidung senden wir eine klare Botschaft: Unsere Länder sind bereit und in der Lage, alle notwendigen Maßnahmen zur Verteidigung unseres Territoriums und unserer Freiheit zu ergreifen“, erklärten die Verteidigungsminister Estlands, Lettlands, Litauens und Polens vergangene Woche.
Millionen von Minen zerstört
Das Abkommen, das 1999 in Kraft trat, hatte zur Folge, dass der Handel von Antipersonenminen nahezu zum Erliegen gekommen war – zumindest vor dem russischen Angriff auf die Ukraine. Finnland etwa zerstörte in den vergangenen Jahren mehr als eine Million Minen.
Nun soll sich dies wieder ändern: „Es handelt sich um einen Auftrag von mehreren hunderttausend - bis zu einer Million – Minen“, sagte der stellvertretende polnische Verteidigungsminister Pawel Bejda. Exakte Pläne sind noch nicht bekannt, die bis zu einer Million Minen müsste Polen auch erst produzieren. Bejda will dazu staatliche wie private polnische Rüstungsbetriebe beauftragen. Sämtliche Reserven und Minen-Technologien wurden im Jahr 2016 zerstört.
Antipersonenminen gelten als äußerst gefährlich – auch für Zivilisten. Aufgrund der natürlichen Bodenerosion kann es vorkommen, dass Minen, die auf einer Karte verzeichnet sind, „wandern“ und dadurch zu einer großen Gefahr für Zivilisten, vor allem spielende Kinder, werden. Die Entminung an sich dauert Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Vor allem, wenn die Minen in chaotischen Situationen im Krieg gelegt werden.
"Schutzschild Ost"
Bejda nannte den geplanten Minengürtel als Ergänzung des „Schutzschildes Ost“ – einer geplanten Verteidigungslinie entlang der Grenze zwischen NATO-Staaten und Russland, beziehungsweise russischen Verbündeten. „Russland hat die Ukraine auch von Belarus aus angegriffen“, sagte Bejda, dessen Land an Belarus grenzt. Seit einigen Jahren werden immer wieder Migranten aus Afrika und Nahost an die belarussisch-polnische Grenze geschleust.
Bis zu 200 versuchte Grenzübertritte pro Tag
Täglich sollen bis zu 200 Personen versuchen, die Grenze zu überqueren. Polen wird aus diesem Grund ein Gesetz verabschieden, das die Regierung ermächtigen soll, die Registrierung von Asylanträgen in bestimmten Grenzgebieten für bis zu 60 Tage auszusetzen, was mit Zustimmung des Parlaments verlängert werden könnte. Schutzbedürftige Gruppen - darunter unbegleitete Minderjährige und schwangere Frauen - sind davon ausgenommen.
Auch soll ein etwaiger Minengürtel gekennzeichnet werden und damit nicht das Leben der Migranten gefährden.
Drohnenwall geplant
Neben den kolportierten Minengürteln sind Polen, die baltischen Staaten, Finnland und Norwegen mit der Planung eines „Drohnenwalls“ entlang der Grenze zu Russland beschäftigt.
Hierzu sollen Drohnen teilautonom (die Drohne agiert innerhalb vorher definierter Regeln und benötigt in komplexen oder ethisch relevanten Situationen eine menschliche Entscheidung) rund um die Uhr die Grenze überwachen, verdächtige Aktivitäten an Zentralen senden, die dann reagieren können.
Zusätzlich zur Überwachung soll der Drohnenwall mit Anti-Drohnen-Technologie ausgestattet sein, um Bedrohungen durch feindliche Drohnen zu neutralisieren. Vor allem mit Aufkommen der von schwer detektierbaren Drohnen, die per Mikrokabel gesteuert werden und der rasanten Entwicklung auf diesem Sektor, würde ein solcher Drohnenwall ständige Updates benötigen. Die Systeme zur Erkennung, Verfolgung und Deaktivierung unbefugter Drohnen, müssen ständig am Stand der Zeit sein.
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