Drei- bis viermal am Tag müssen die Mitarbeiter des Entminungsdienstes österreichweit in den Einsatz. So auch, als Tobisch die Attrappe „entschärft“: In Langenzersdorf sind seine Kollegen gefragt, nachdem eine Fliegerbombe gefunden wurde.
Denn die Weltkriege haben ihre Spuren überall hinterlassen: Vom tiefsten Seegrund bis hin zum hochalpinen Gelände reicht das Einsatzgebiet des Entminungsdienstes. Überall bergen sie Kriegsrelikte, müssen die Sprengkörper im schlimmsten Fall an Ort und Stelle entschärfen.
Allein im vergangenen Jahr 45-mal. „Wenn ich etwa sehe, dass die Bombe mit einem Langzeitzünder versehen ist, muss sie an Ort und Stelle vernichtet werden“, erklärt Tobisch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP), die beim Entminungsdienst auf Besuch ist.
Vor allem Streubomben, Anti-Personen-Minen und Bombenblindgänger liegen noch in großer Zahl in Österreich, doch auch Panzerfäuste (41 Sicherungen im vergangenen Jahr) und Tonnen an Gewehrmunition. Seit 2013 hat der Entminungsdienst mehr als 265 Tonnen an Kriegsmaterial untersucht, geborgen, abtransportiert und vernichtet.
Speziell in Niederösterreich gibt es für das 15-köpfige Team viel zu tun: Fast die Hälfte der Einsätze – seit 2013 waren es mehr als 9.058 – absolvieren sie im größten Bundesland. „Hier war eines der Frontgebiete im Zweiten Weltkrieg.
Vor allem wegen der vielen Industriegebiete sind in Niederösterreich besonders viele Bomben gefallen“, erklärt Tobisch.
Die Steiermark und Oberösterreich liegen mit etwas über 1.000 Funden auf den Plätzen zwei und drei.
Im niederösterreichischen Bunker, in dem er und seine Mitarbeiter die Funde zusammentragen, finden sich Relikte von allen damaligen Kriegsnationen: Die Rakete einer Stalinorgel neben einer 500-Kilogramm-Bombe aus den USA, britische und auch deutsche Bomben.
Tobisch: „Diese Exemplare wurden zumeist von der Wehrmacht gelagert und dann vergessen. Im Laufe der Jahre tauchen sie wieder auf.“
Er zeigt auf eine Kiste, in denen harmlos aussehende Metallstäbe liegen. Auf den ersten Blick könnten das gewöhnliche Metallpflöcke sein.
„Stabbrandbomben“, sagt er. Im Weltkrieg wurden sie nach Bombenangriffen abgeworfen, um zusätzliches Chaos zu verursachen. „Damit auch Löschversuche gefährlich werden, sind in vielen Stabbrandbomben Sprengzünder eingebaut“, sagt Tobisch.
Regelmäßig bringen die Mitarbeiter des Entminungsdienstes die Funde nach Großmittel und Allentsteig, wo sie professionell gesprengt werden. Etwa 2.800 Kilogramm Infanteriemunition wurden allein im Jahr 2020 im Brennofen ausgeglüht und anschließend wiederverwertet.
Vor acht Jahren kam der Entminungsdienst vom Innen- zum Verteidigungsministerium und agiert als unabhängige Dienststelle. „Wer bei uns arbeiten möchte, sollte auf jeden Fall technisch begabt sein. Etwa eine Lehre als Schlosser schadet sicher nicht“, sagt Tobisch. „Kraft ist natürlich auch notwendig. Wer keine 50-Kilo-Bombe über eine gewisse Distanz tragen kann, ist bei uns fehl am Platz“.
Im Gegensatz zum Entschärfungsdienst sind Tobischs Mitarbeiter auf alle Arten von Munition, die aus der Zeit vor 1955 stammt, spezialisiert. Tobisch erkennt rasch, ob eine Bombe noch gefährlich ist. Doch was, wenn Unkundige auf verdächtige Objekte stoßen? „Keinesfalls berühren, Abstand zum Fund halten und die Polizei verständigen“, appelliert er an die Bevölkerung.
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