Anti-Korruptions-Partei gewinnt Parlamentswahl in Bulgarien

Wahlsieger Petkov
Die PP landete überraschend vor der Partei von Premier Borissow. Auch Corona-Skeptiker ziehen ins Parlament ein.

In Bulgarien hat überraschend eine neue Anti-Korruptions-Partei die Parlamentswahl gewonnen. Bei der bereits dritten Wahl in diesem Jahr erhielt die Partei "Wir führen den Wandel fort" (PP) am Sonntag gut 25 Prozent der Stimmen, viel mehr als in den Umfragen erwartet.

Die bürgerliche GERB des im April abgewählten Ex-Regierungschefs Boiko Borissow kam mit 22 Prozent auf Platz zwei, wie aus den am Montag veröffentlichten amtlichen Zwischenergebnissen hervorgeht. Das Endergebnis wird erst im Lauf der Woche erwartet.

Für eine Überraschung sorgte auch der Einzug der nationalistischen Partei Wasraschdane (Wiedergeburt) ins Parlament, die ihren Erfolg wohl vor allem scharfer Kritik an den Corona-Maßnahmen zu verdanken hat. Die seit 2014 bestehende Splitterpartei, die bisher mit Russlandfreundlichkeit und EU-Gegnerschaft für Aufsehen gesorgt hatte, kam auf 4,9 Prozent.

"Harvard-Duo

Der Co-Vorsitzende der PP, Kiril Petkow, gilt nun als möglicher künftiger Ministerpräsident. Der Absolvent der US-Eliteuniversität strebt eine Koalitionsregierung ohne die GERB an. Er war von Mai bis September schon einmal Wirtschaftsminister in einem Übergangskabinett.

"Bulgarien schlägt einen neuen Weg ein", sagte Petkow in der Wahlnacht. Als Hauptziele nannte er die Bekämpfung der Korruption und eine Justizreform.

Bei der ebenfalls abgehaltenen Präsidentenwahl entschied Staatsoberhaupt Rumen Radew den Zwischenergebnissen zufolge die erste Runde mit gut 49 Prozent der Stimmen klar für sich. Trotzdem muss er in eine Stichwahl gegen den zweitplatzierten Anastas Gerdschikow (22,4 Prozent) gehen, da er nicht mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich vereinigen konnte.

Der frühere Kampfpilot und Luftwaffenchef Radew wurde von den Sozialisten (früheren Kommunisten) und Protestparteien unterstützt. Der Rektor der Universität Sofia Gerdschikow trat als Unabhängiger an, der von Borissows GERB-Partei unterstützt wurde.

Insgesamt sieben Parteien dürften die Vier-Prozent-Hürde für den Einzug ins bulgarische Parlament überwunden haben. Der dritte Platz geht laut dem staatlichen Bulgarischen Rundfunk an die wirtschaftsliberale Türkeipartei (DPS) mit 13,7 Prozent.

Die postkommunistische Sozialistische Partei (BSP) folgt mit 10,4 Prozent dahinter. Der Wahlsieger bei den Neuwahlen im Juli, die populistische Formation "Es gibt so ein Volk" (ITN), stürzt auf 9,2 Prozent ab.

Deutlich weniger Stimmen bekommt auch das konservative Wahlbündnis "Demokratisches Bulgarien" - 5,9 Prozent. Als Überraschung gilt, dass die russlandnahe und Corona-leugnende Partei Wasraschdane ("Wiedergeburt") die Chance hat, ins Parlament einzuziehen. Sie lag bei 4,9 Prozent und damit deutlich über der Vier-Prozent-Hürde für den Parlamentseinzug.

Die Doppelwahl in dem ärmsten EU-Land wurde inmitten einer heftigen vierten Corona-Welle organisiert. Für Covid-19-Patienten und Menschen unter Quarantäne gab es mobile Wahlurnen. Die Wahlbeteiligung zeichnete sich als recht gering ab, die Zentrale Wahlkommission (ZIK) sprach von einem Rekordtief. 

Die dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres wurde notwendig, weil auch die erst im Juli gewählte Volksversammlung keine regierungsfähige Mehrheit zustande bringen konnte.

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