Nach Vorwürfen an Putin: Nawalnys Mutter erhielt Leiche ihres Sohnes

Nach Vorwürfen an Putin: Nawalnys Mutter erhielt Leiche ihres Sohnes
Neun Tage nach seinem Tod wurden die sterblichen Überreste des Kremlkritikers endlich an dessen Familie übergeben. Ob es ein öffentliches Begräbnis geben wird, ist noch unklar.

Neun Tage ist her, dass die Welt von Alexej Nawalnys Tod erfuhr. Seine Leiche hat bis vor Kurzem aber niemand zu Gesicht bekommen: Die russischen Behörden gaben sie nicht frei, setzten sogar die Mutter des Verstorbenen unter Druck, um ein öffentliches Begräbnis zu verhindern. Sie selbst sprach von "Erpressung".

Jetzt hat Nawalnys Mitarbeiterin Kira Jarmysch aber bekannt gegeben, dass seine Leiche an die Familie übergeben worden ist. "Der Leichnam von Alexej wurde seiner Mutter übergeben. Vielen Dank an alle, die dies mit uns gefordert haben", schreibt sie auf X. Nawalnys Mutter sei noch in Salechard, wo das Straflager liegt, die Beerdigung stehe noch aus. "Wir wissen nicht, ob die Behörden eingreifen werden, um sie so durchzuführen, wie es die Familie wünscht und wie es Alexej verdient hat."

"Als Toten gefoltert"

Zuvor hatte sich Nawalnys  Witwe öffentlich an Kremlchef Putin gewandt. Russlands Präsident habe Nawalny „zu Lebzeiten und als Toten gefoltert“, sagt Julija Nawalnaja in einer Videobotschaft. Sie nennt den Kremlchef darin „dämonisch“, sein stets zelebriertes Christentum „Fake“. „Kein wahrer Christ könnte tun, was Putin jetzt mir dem Körper von Alexej macht“, so Nawalnaja.

Die offizielle Todesursache Nawalnys, ein „plötzlicher Tod“, wie am Todestag mitgeteilt wurde, wird von russischen Ärzten immer mehr in Zweifel gezogen.  Zugleich werden immer mehr Details über die grausamen Haftbedingungen Nawalnys bekannt. Er war erst zwei Monate vor seinem Tod von einer Kolonie nahe Moskau in das Lager „Polarwolf“ überstellt worden, die Reise dorthin hat allein zwei Wochen in Anspruch genommen. Auch das sei „eine Form der Folter“, sagt  Wladimir Perewerzin, ein ehemaliger Yukos-Manager dem Guardian.

Größte Isolation

Auch Perewerzin hat  aus politischen Gründen sieben Jahre in russischer Haft verbracht. Er saß ebenso wie Nawalny regelmäßig in der „Shizo“-Zelle, wie die Isolationshaft im Lager genannt wird. Von den knapp 1200 Tagen Haft verbrachte Nawalny 295 dort – in einer 2 mal 2,5 Meter großen Zelle, in der das Bett um 6 Uhr früh hochgeklappt wird und  in der man den ganzen Tag stehen muss. 
Dazu komme das Klima am Polarkreis, das ebenso als „Form der Repression“ eingesetzt werde. Am Tag von Nawalnys Tod hatte es unter minus 20 Grad. „Das ist der höchstmögliche Grad an Isolation von der Welt – deshalb wurde Nawalny  auch dorthin geschickt“, sagte Leonid Wolkow, Nawalnys Stabschef – er lebt im Exil, denn auch ihm droht bei einer Rückreise Haft in einem derartigen Lager. 

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