AKK's neuer Job: Sprungbrett oder Schleudersitz?

AKK's neuer Job: Sprungbrett oder Schleudersitz?
Analyse: Als Verteidigungsministerin kann Annegret Kramp-Karrenbauer viel gewinnen, aber auch alles verlieren.

Der Tag eines Berliner Bürgermeisters ist wohl selten langweilig, gibt es doch genug Baustellen. Mittwochvormittag durfte Michael Müller (SPD) immerhin einige Stunden Staatsoberhaupt sein. Er hatte in seiner Funktion als Vizepräsident des Bundesrates die Urlaubsvertretung für den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier inne. Und das derzeit mächtigste Frauen-Trio Deutschlands vor sich sitzen. Kanzlerin Angela Merkel gratuliert er zum 65er, Ursula von der Leyen verabschiedet er nach Brüssel und Annegret Kramp-Karrenbauer, AKK genannt, ernannte er zur Verteidigungsministerin. Diese Nachricht sorgte noch Dienstagabend für großes Staunen im politischen Berlin.

Die CDU-Chefin greift nach einem sehr heiklen Posten, der schon viele potenzielle Kanzlerkandidaten anzog. Allerdings gelang es weder Karl-Theodor zu Guttenberg, Thomas de Maizière noch Ursula von der Leyen, darüber hinaus als relevante Nachfolger ins Spiel zu kommen. Zwar hielt sich von der Leyen am längsten, doch sie hinterlässt viele Baustellen: Nachwuchsmangel, Streit um nicht einsatzbereites Gerät, hohe Reparaturkosten beim Schulschiff „Gorch Fock“, eine Affäre um externe Berater. Und da wäre der Unmut der Truppe über von der Leyens Generalverdacht: 2017 attestierte sie nach Bekanntwerden des Falls um den rechtsextremen Soldaten Franco A. der Bundeswehr ein „Haltungsproblem“.

Dass AKK trotz möglicher Fallstricke und wenig Erfahrung in der Außen- und Sicherheitspolitk zugreift, ist eine Machtdemonstration und ein Versuch, das Ruder umzureißen. Bisher hatte sie stets beteuert, nicht ins Kabinett zu wollen, sich als Vorsitzende ganz der Erneuerung der CDU zu widmen. Doch in dieser Rolle wirkte sie zuletzt noch nicht überzeugend. Ihre Fehler im Umgang mit sozialen Medien und dem CDU-kritischen Video des YouTubers Rezo ließen sie altbacken aussehen. Ihre Absetzbewegungen von Merkels Flüchtlingspolitik verärgerten die liberalen Anhänger. AKKs Umfragewerte sanken, einige Beobachter schrieben ihr schon die Eignung als Kanzlerkandidatin ab. Insofern ist der Griff nach diesem „Bewährungsposten“ eine Kampfansage – auch mit Blick auf die Konkurrenz.

Mehr Sichtbarkeit durch Amt

Bis zum frühen Abend des Dienstags galt Gesundheitsminister Jens Spahn als Favorit. Der 39-Jährige hat im Dezember zwar das Rennen um den CDU-Vorsitz verloren, aber seither intern an Respekt gewonnen. Das Verteidigungsressort wäre für ihn eine gute Gelegenheit gewesen, sich weiter hervorzutun. Sein Biograf twitterte Dienstagabend sogar schon den Wechsel als Eilmeldung und musste dann zurückziehen. Nur so viel verriet Spahn Journalisten am Rande einer Pressekonferenz: Er wurde via Telefonkonferenz über die Entscheidung informiert. Er sei weiterhin gerne Gesundheitsminister und freut sich nach eigenen Worten über Kramp-Karrenbauers Ernennung.

Mangelnde Regierungserfahrung wird sich die 56-Jährige künftig nicht mehr anhören müssen, ebenso wenig die fehlende Präsenz. Durch das Ministerium wird sie sichtbarer, öfter gehört und kann bei Regierungsentscheidungen mitbestimmen. Gleichzeitig bietet sich ihr eine internationale Bühne und die Möglichkeit Kontakte zu anderen Staats- und Regierungschefs zu knüpfen. Damit wäre sie besser gewappnet, sollte Merkel ihr Amt doch vorzeitig aufgeben und Kramp-Karrenbauer zugreifen.

Bis dahin ist sie jedenfalls in deren Kabinettsdisziplin eingebunden. Ihr Plan, sich von der Mentorin zu emanzipieren, die CDU neu auszurichten, wobei sie bereits andere Positionen eingenommen hat, wird schwer umzusetzen sein. Und von ihren Konkurrenten wie Kritikern ganz genau beobachtet.

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