Afghanistan soll für Hilfsgelder illegale Flüchtlinge aus der EU zurücknehmen

Rückführabkommen: 80.000 Afghanen könnten bald in die Heimat abgeschoben werden.

In Brüssel läuft gerade eine internationale Geberkonferenz für Afghanistan. Das kriegsgeschüttelte und von Korruption zersetzte Entwicklungsland ist auch 15 Jahre nach der westlichen Invasion noch nicht stabilisiert, im Gegenteil: Die Taliban sind wieder da, wie gerade der Einfall radikal-islamistischer Kämpfer in der nordafghanischen Stadt Kunduz deutlich zeigt.

Seit 2002 flossen 57 Milliarden Euro nach Afghanistan

Weitere Milliarden Euro sollen Afghanistans Regierung helfen, den Staat aufzubauen (seit 2002 flossen bereits 57 Milliarden Euro nach Kabul). Aber diesmal soll die Hilfe nicht umsonst sein. Die Financiers des darniederliegenden Landes am Hindukusch verfügen über ein erhebliches politisches Druckpotenzial. Im Gegenzug für ein Hilfspaket soll die Regierung abgelehnte Asylbewerber aus der EU zurücknehmen – und das rasch.

Geld gegen Flüchtlinge ist der Deal, den die EU anstrebt und den die deutsche Kanzlerin Angela Merkel schon beim Flüchtlingsgipfel in Wien angedeutet hatte.

Laut einem internen Bericht der EU-Kommission handelt es sich um rund 80.000 Afghanen, die demnächst mit Charterflügen in ihr Heimatland abgeschoben werden könnten.

Flüchtlinge aus Afghanistan gehören zur zweithäufigsten Gruppe von Asyl-Antragstellern in der gesamten EU. In Österreich waren Afghanen in den ersten acht Monaten des Jahres 2016 sogar die Nummer eins an Asylwerbern.

45 Prozent der Afghanen in Österreich "verschwunden"

Allein im vergangenen Jahr landeten rund 213.000 Afghanen illegal in der EU. Nur ein kleiner Teil ist asylberechtigt. Von allen afghanischen Asylwerbern in Österreich bekamen zuletzt 24 Prozent einen positiven Asylbescheid, 31 Prozent waren negativ und 45 Prozent der afghanischen Antragsteller war verschwunden, weitergezogen oder untergetaucht.

Nach außen hin ist es Kabul ernst, Flüchtlinge zurückzunehmen. Am Sonntag wurde eine Vereinbarung zwischen der EU und Afghanistan unterzeichnet. In dieser sagt die afghanische Regierung den EU-Staaten zu, Flüchtlinge unkompliziert zurückzunehmen, die wegen eines abgelehnten Asylantrages ausgewiesen werden. Es geht um die schnelle Ausstellung von Reisepässen und die Nutzung afghanischer Airports. Die EU übernimmt die Reisekosten.

Diplomaten sind aber vorsichtig: "Man muss zwischen der Abmachung auf dem Papier und der afghanischen Realität unterscheiden."

Hilfsorganisationen, wie Amnesty International, warnen davor, finanzielle Zusagen an die afghanische Regierung von der beschleunigten Rückführung Tausender Flüchtlinge abhängig zu machen. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei "desolat", das Land "alles andere als sicher", lautet ihre Kritik.

Abschiebungen

781 afghanische Flüchtlinge
Im Zeitraum Jänner bis August 2016 hat Österreich nach Angaben des Innenministeriums 260 abgewiesene Asylwerber aus Afghanistan zwangsweise zurückgeschickt, 521 Afghanen gingen freiwillig.

9575 Asylanträge
Afghanen waren mit 9575 die größte Gruppe in Österreich, die von Jänner bis Ende August 2016 einen Asylantrag gestellt haben, gefolgt von Syrern (6351). Insgesamt gab es 30.732 Asylanträge.

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