Washingtons härtere Haltung gegenüber China unter Präsident Donald Trump findet vor allem bei einer Gruppe von Parlamentariern der Konservativen Partei um Tom Tugendhat, den Vorsitzenden des Parlamentsausschusses für Auslandsbeziehungen, Anklang. Er spricht von bis zu 60 Gleichgesinnten, die einen noch schnelleren Huawei-Bann erhofft hatten. Das könnte weitere Kopfschmerzen für Johnson vor der parlamentarischen Abstimmung über die gestrige Entscheidung im Herbst bedeuten, der eine Mehrheit von 80 Sitzen im House of Commons hat. „Es gibt in der Partei viele, die stark an die besondere Beziehung mit den USA als Hauptpartner glauben und Verärgerung mit China ausdrücken“, sagt Pantucci. Diese würden im Austausch mit US-Kollegen auch immer wieder Druck verspüren, so wie Washington hart gegen Huawei vorzugehen.
Johnson hat signalisiert, dass er auf ein neues Freihandelsabkommen mit der Supermacht USA – 2019 machte der Handel zwischen den beiden umgerechnet 237 Milliarden Euro aus – als wichtigen Pfeiler für Großbritanniens Zukunft hofft. Gespräche dazu begannen im Mai. Man strebe ein „ehrgeiziges Abkommen“ mit den USA an, dem wichtigsten Handelspartner, sagte die britische Chefverhandlerin und britische Ministerin für internationalen Handel Elizabeth Truss damals.
Experten sehen die Tatsache, dass Johnsons Regierung entschied, den Huawei-Ausschluss erst 2027 abzuschließen und mit Sicherheits- statt politischen Argumenten zu begründen, als Versuch eines Spagats. Nämlich, um China als – außerhalb der EU – zweitgrößten Handelspartner hinter den USA nicht völlig vor den Kopf zu stoßen.
Denn Johnson hatte China bereits Anfang Juni verärgert, als er sagte, Großbritannien wäre zur Aufnahme von rund drei Millionen Bewohnern der einstigen Kronkolonie Hongkong bereit, wenn Pekings neues nationale Sicherheitsgesetz „deren Lebensweise bedroht“. Chinas Botschafter in London, Liu Xiaoming, reagierte scharf: „Es ist komplett falsch und nicht im eigenen Interesse, wenn man keine 'goldene Ära' will und China als Feind behandelt,“ sagte er.
Professor Steve Tsang, Direktor des China Instituts der SOAS Universität London, sagt dem KURIER, er kann sich nach dem Huawei-Schwenk Handelssanktionen und Revanche gegen britische Firmen in China oder sogar „harschere“ Maßnahmen vorstellen. „Großbritannien wird bestraft werden.“
Georg Szalai, London
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