Wegen Terror: 150 neue Verfassungsschützer

Anti-Terror-Übung "AIDA 2017 - Schutz kritischer Infrastruktur"
Österreich rüstet auf – personell und materiell / Sobotka fordert mehr Videoüberwachung.

Die Koalition existiert zwar nur mehr am Papier, in einem Punkt sind sich die Sicherheitsminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Hans Peter Doskozil (SPÖ) aber einig, eine "hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht". Es wäre auch falsch, der Bevölkerung "dieses Gefühl zu geben". Aber es hat sich einiges bewegt in Sachen Sicherheit.

So wäre ein größerer Terroranschlag in Österreich vor zwei oder drei Jahren ein einsatztechnisches Desaster geworden, heißt es selbst in Polizeikreisen. Beamte mit Glockpistolen und einer klobigen Schutzweste wären Terroristen mit Kalaschnikows gegenüber gestanden. Es hätte keine beschusssicheren Fahrzeuge gegeben – und selbst die "Cobra" hätte zu wenig Personal gehabt.

Doch seit 2015 wird aufgerüstet. Allein in den Bundes- und Landesämtern für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung wurde massiv Personal ausgebaut. Im Büro von Innenminister Wolfgang Sobotka wurde am Dienstag gegenüber dem KURIER erstmals eine konkrete Zahl genannt: 150 zusätzliche Beamte sind nun mit Analyse, Ermittlung und Prävention beschäftigt. Ausschließlich im Terrorbereich.

90 Millionen Euro

Dazu kommen 90 Millionen Euro für Ausrüstung – darunter ferngelenkte Roboter, Spezialpanzer für die "Cobra", fünf stärkere Polizei-Hubschrauber für raschere Truppenverlegungen oder ballistische Schutzhelme für Tausende Polizisten. Darüber hinaus wird derzeit ein neues Sturmgewehr designt, das in jede Funkstreife passen soll. Dass die Terrorwelle an Österreich komplett vorbeigehen wird, damit rechnet in heimischen Sicherheitskreisen ohnehin niemand mehr. Trotz der Verbesserung geht Sobotka noch einiges viel zu langsam.

Der Innenminister wünscht sich etwa mehr Möglichkeiten der Videoüberwachung oder die Registrierung von Autokennzeichen an den Grenzen. Ein entsprechendes Gesetz hat Sobotka erst vor zwei Wochen in die parlamentarische Begutachtung geschickt. "Gestern hatte ich im Rahmen der OSZE-Konferenz einen Termin mit meinem belgischen Amtskollegen. In Belgien sind diese Methoden allesamt schon Standard bei der Polizeiarbeit. Dort handelt man schneller".

Verteidigungsminister Doskozil, der das Bundesheer bis 2020 mit 1,7 Milliarden Euro aufrüstet, hält es für absolut notwendig, dass das beschlossene Sicherheitskabinett noch vor den Neuwahlen endlich installiert wird. Darin vertreten sein sollen der Bundeskanzler, der Vizekanzler sowie Verteidigungs-, Außen-, Finanz- und Innenminister. "Es hat enorme Vorteile, wenn es in einer Krisensituation kurze Entschiedungswege gibt." Passiert das vor den Wahlen nicht mehr, dann hofft Doskozil, dass es in der nächsten Legislaturperiode zur Umsetzung kommt und nicht in der Schublade vergessen wird.

Trotz der vielen politischen Maßnahmen sorgen wöchentliche Horrormeldungen in Boulevardmedien dafür, dass die Ängste noch stetig größer werden. Im Großraum Wien hat die Zahl der Bewachungsunternehmen zugelegt, derzeit sind allein hier etwa 110 Sicherheitsfirmen tätig. "Ich führe das auf die allgemeine Sicherheitslage, wie den Anstieg der Einbrüche zurück, aber auch auf die Angst vor Terroranschlägen", sagt Robert Goliasch, Obmann der Wiener Berufsdetektive.

Der aktuelle Anschlag werde aber nicht zu mehr Sicherheitsaufträgen führen, meint der Experte. "Manchester ist geografisch zu weit weg von Österreich." Bei Massenveranstaltungen sei es außerdem ohnehin schwierig, potenzielle Täter rechtzeitig zu entdecken. Denn in der Regel mischen sich die Terroristen in die Zuschauerschlangen, die sich anstellen. "Man hat keine realistische Chance, einen Terroristen vor einem Stadion auszuschalten", sagt Goliasch.

Mehr Kontrollen

Änderungen an den Sicherheitskonzepten von Veranstaltungen wie dem Sommernachtskonzert vor Schönbrunn, Nova Rock oder Rock in Vienna sind deshalb maximal in kleinen Nuancen geplant. " Wie man sieht, verlagert sich das Problem dann einfach vor den Einlassbereich, zu den Anfahrtswegen oder zu sonstigen Bereichen mit Menschenansammlungen", heißt es bei der Konzertagentur LS.

Allerdings wird die Wiener Polizei beim Sommernachtskonzert am Donnerstag Taschenkontrollen durchführen und es wird "eine höhere dreistellige Zahl" von Beamten im Einsatz sein. "Es gibt aber keine konkreten Hinweise auf Anschläge", betonte ein Polizeisprecher. Doskozil appelliert an die Veranstaltungsbehörden, sich alle Möglichkeiten der Kontrolle und der Überwachung nochmals vor Augen zu führen. "Da ist gesetzlich vieles drinnen, was oft nicht ausgenützt wird."

Es sei sehr schwierig, sagt der frühere Bundesheer-Brigadier Gerald Karner, die Balance zwischen der Attraktivität einer Veranstaltung und den Sicherheitskontrollen zu halten. "Mit normalen Präventionsmaßnahmen kann man nicht verhindern, dass ein Attentäter eine Bombe in einer Ansammlung wartender Menschen zündet", sagt der Terrorabwehr-Experte. "Diesem Faktum muss sich unsere Gesellschaft stellen."

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