Das Flugvolumen brach 2020 um beinahe 90 Prozent ein. Das Frachtgeschäft hat sich ziemlich schnell erholt, aber das Ground Handling nicht, also Check-in, Gate und Vorfeldabfertigung wie das Schleppen von Flugzeugen und Gepäck. Wir mussten unsere Kosten um 25 Prozent senken, einfach um zu überleben, und haben deshalb rund 20.000 von 65.000 Mitarbeitern verloren. Bis Ende Sommer stellen wir rund 30.000 neue Mitarbeiter ein, davon 17.000 für Personalaufbau und 13.000 fluktuationsbedingt.
Braucht es für die Arbeit auf Flughäfen spezielle Qualifikationen?
Ja, allein schon sicherheitstechnisch. Die Leute müssen einige Wochen lang eingeschult werden. Wir haben in UK und den USA erstmals eine Social-Media-Kampagne gestartet, wo wir gezielt im Umfeld der Flughäfen um Mitarbeiter werben. Die läuft sehr gut.
Wann wird die Luftfahrt das Vorkrisen-Niveau erreichen?
Seit März boomt der Luftverkehr wieder. Meine persönliche Prognose ist, auf Inlandsflügen und der Kurzstrecke erreichen wir das Aufkommen von vor der Pandemie im Jahr 2023. Der Business-Verkehr kommt auch wieder zurück. Die Langstrecke hängt von den Spritpreisen und der Inflation ab.
Swissport eröffnete ein neues Luftfrachtzentrum in Fischamend nahe dem Wiener Flughafen. Warum ausgerechnet Wien? Wir fahren einen ambitionierten globalen Expansionskurs. Unser neues, 8.000 Quadratmeter großes Cargo Center ist auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Wien ist das Gateway zum Osten. Flugzeuge und Trucks liefern aus dem Westen an, wir bündeln hier die Fracht für unsere Kunden, die sie weiter in Richtung Osten transportieren. In Wien haben wir im Vorjahr 118.000 Tonnen umgeschlagen, wir rechnen für heuer mit 130.000 Tonnen. Seit dem Vorjahr haben wir unsere Cargo-Kapazitäten in Frankfurt, Belgien, den Niederlanden, UK und Johannesburg ausgebaut. Wir expandieren auch in Australien, Korea und Japan. Wir beförderten im Vorjahr 5,1 Millionen Tonnen Fracht. Das war bereits ein neuer Rekord, etwas mehr als 2019.
Was ist ertragreicher? Cargo oder Passagiere?
Heuer werden wir 25 Prozent unserer Umsätze mit Cargo machen, Trend weiter steigend. Die Margen sind höher, aber auch das Risiko. Man braucht mehr Kapital.
Am Wiener Flughafen ist Swissport nicht im Passagier-Geschäft. Sie kamen bei der letzten Ausschreibung nicht zum Zug und kritisierten, Wien sei nicht wettbewerbsorientiert.
Stimmt, wir haben die Entscheidung als nicht fair empfunden und dagegen geklagt. Das Gericht entschied allerdings im März gegen uns. Wir werden uns bei der nächsten Ausschreibung 2026 neu anstellen. Wir würden unsere Expertise als Hub-Spezialisten gerne auch in Wien einbringen. Es ist zwar in Europa noch weit verbreitet, dass Flughafengesellschaften das Ground Handling dominieren, gerade in Deutschland und Österreich. Aus Wettbewerbssicht ist dies aber fragwürdig. Nicht selten wird mit Erträgen aus anderen, nicht im Wettbewerb stehenden Geschäftsbereichen, etwa Parkgebühren, das Ground Handling subventioniert. Am Ende zahlt dafür immer der Kunde die Zeche.
Bis wann ist die Sanierung von Swissport abgeschlossen?
Die finanzielle Restrukturierung war Ende 2020 abgeschlossen, Swissport hat jetzt große, kapitalstarke internationale Investmentfonds als Eigentümer und steht grundsolide da. Die operative Restrukturierung läuft bis Ende 2022, wir brauchen sehr schlanke Overheads. Wir werden 2022 ebenso wie 2021 operativ positiv sein. Die weitere Transformation in ein digitaleres Business soll bis 2024 umgesetzt sein. Ziel ist mehr Sicherheit und Kundenorientierung.
Sind ein Börsengang oder eine Fusion ein Thema?
Grundsätzlich ist alles möglich. Jetzt konzentrieren wir uns aber zunächst auf die laufende Transformation, auf organisches Wachstum wie in Wien und auf kleinere Akquisitionen.
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