Supermärkte dürfen jetzt auch sonntags liefern

Supermärkte dürfen jetzt auch sonntags liefern
Allerdings sind die Webshops schon jetzt hoffnungslos überlastet. Und Branchenkollegen gehen auf die Barrikaden

In Corona-Zeiten boomen die Online-Shops, auch jene der Supermärkte. Beim Rewe-Konzern (Billa, Bipa) gehen teilweise zwölf Mal mehr Bestellungen ein, als ausgeliefert werden können. Bei Interspar ist die Nachfrage im Online-Shop so groß, dass sich das nächste freie Lieferfenster im Web-Shop erst nach Ostern auftut.

Die Regierung hat am Freitag die erlaubten Lieferzeiten für den Lebensmittelhandel sowie für Drogerien per Verordnung ausgedehnt. Ab sofort darf – zusätzlich zu den bisherigen Lieferzeiten bis Samstagabend – auch sonntags und an Feiertagen ausgeliefert werden. Dies gilt auch für kleinere Lebensmittelhändler und es darf das ganze Warenangebot ausgeliefert werden. Die Verordnung gilt vorerst bis 31. Mai. Wer jetzt gleich zum Online-Shopping übergehen will, kann sich einbremsen. Sowohl seitens der Rewe als auch bei Spar gibt es Zweifel, ob das neue Lieferfenster so schnell aufgehen wird. Die Logistik dahinter musst erst organisiert werden. „Auch wenn wir die Kapazitäten im Onlinehandel schon um 80 Prozent erhöht haben, werden wir Sonntag wahrscheinlich nicht schaffen“, sagt Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher.

Neiddebatte?

Die blühenden Geschäfte der Supermärkte lassen die Wogen in anderen Handelssparten hoch gehen. Etwa im Blumenhandel. „Selbst unsere Kunden finden es unfair, dass wir nicht öffnen dürfen und unsere Blumen wegwerfen müssen“, sagt etwa Franz Koll, Geschäftsführer der oberösterreichischen Blumenhandelskette Bellaflora. Ein Spielwarenhändler aus Vorarlberg hat bereits Anzeige gegen Lebensmittelhändler erstattet, die Waren verkaufen, die nicht zur Grundversorgung zählen. Auch Sportartikel-, Mode- oder Elektrohändler fühlen sich unfair behandelt. Ihre Forderung, dass die Supermärkte künftig keine „branchenfremde Ware“ mehr verkaufen dürfen, verhallt in den Reihen der Politik bisher ungehört.

Aus Sicht von Nicole Berkmann, Sprecherin des Handelshauses Spar, ist das auch gut so. Dürfte zum Beispiel Interspar keine Elektrogeräte mehr verkaufen, müsste man die entsprechenden Regale absperren. Berkmann: „Wenn ein Kunde ins Geschäft kommt, der einen Föhn braucht, weil seiner kaputt gegangen ist, schlüpft er unter der Absperrung durch.“ Um wenig später mit einem Föhn an der Kassa zu stehen. „Die Diskussionen, die unsere Mitarbeiter dann an der Kassa führen müssten, sind unzumutbar. Gerade bei der jetzigen Arbeitsbelastung“, findet Berkmann. Die Frage ist auch, wo Kunden „branchenfremde Ware“ kaufen würden, wenn nicht im Supermarkt. Vermutlich auch bei Amazon, also im Ausland, so ein oft gehörtes Argument. Allerdings fahren nun auch viele inländische Händler ihre Onlineshops hoch.

Die Experten vom Standortberater RegionPlan haben währenddessen hochgerechnet, dass aktuell knapp drei Viertel, genau genommen 73 Prozent aller Verkaufsflächen in Österreich, brach liegen. Der stationäre Einzelhandel verliert demnach 140 Millionen Euro Umsatz am Tag. In der Gastronomie soll der Betrag bei 63 Millionen Euro liegen. Die Berater von Standort+Markt rechnen vor, dass bei einem Shutdown von einem Monat dem stationären Einzelhandel drei Milliarden Euro entgehen, der Gastronomie eine Milliarde.

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