Karl Schlögl: „Mit Kindern Verpasstes nachholen“
Am 30. Oktober legen Sie Ihr Bürgermeister-Amt nieder. Was passiert dann?
Ich habe drei große Projekte. Das erste ist meine Familie. Ich habe zwei Töchter, vier Enkelkinder, zwei Stieftöchter und dementsprechend viele Schwiegersöhne. Ich habe also eine sehr große Patchwork-Familie. Da möchte ich mich vor allem um meine Enkelkinder kümmern. Ich verbringe derzeit wenig Zeit mit ihnen. Abgesehen von einem Tag in der Woche, wo ich in der Früh als Großvater da bin, wenn die Eltern schon in die Arbeit müssen. Das wird jetzt dann mehr. Und dann kann ich das nachholen, was ich mit den eigenen Kindern nicht in dem Ausmaß erlebt habe. Meine Kinder haben immer gut über mich als Vater gesprochen, ich hab sehr gut für sie gesorgt, aber ich war nicht immer da. Und das Dasein ist sehr wichtig.
Welche weiteren Projekte haben Sie?
Ich habe noch einige geschäftliche Aktivitäten. Ich bin noch in zwei Aufsichtsräten von der Hypo NOE und der Baufirma Swietelsky. Ich hab meine Consultingfirma und ich hab eine Beteiligung an einem kleinen Versicherungsmaklerbüro.
Und das dritte Projekt?
Ich möchte mehr reisen und noch ein bisschen was von der Welt sehen. Es gibt viele Städte und Länder der Welt, die ich als Politiker besucht, aber eher die Konferenzsäle gesehen habe. Jetzt möchte ich das Land und die Menschen wirklich kennenlernen. Und ich habe vor, eine Australien- und Neuseeland-Reise zu machen.
Bei der vergangenen Wahl haben Sie fast 66 Prozent erreicht. Wie schwierig wird es für Ihren Nachfolger?
Stefan Steinbichler ist mein Wunschkandidat. Er ist ein toller, mit 43 Jahren noch junger Mann. Er ist beruflich abgesichert. Er ist in Purkersdorf verhaftet, ist ein Sozialdemokrat mit bürgerlichem Einschlag, was hier wichtig ist. Er ist ein modern denkender Mensch, der in der Lage ist, die wichtigsten Probleme auch zukünftig zu lösen. Und er ist einer, der auf die Leute zugehen kann. Ich bin überzeugt, dass er ein gutes Ergebnis haben wird.
Auch in Hinblick auf die Entwicklung der Bundes-SPÖ?
Wir haben gegen den Trend bei den letzten Bundes- und Landtagswahlen deutlich zugewonnen. Der Wähler unterscheidet da sehr stark. Die Bundes-SPÖ hat kaum Einflüsse auf die Gemeindepolitik, wo eher die Person gewählt wird.
Sie forderten im Jänner Christian Kerns Rücktritt. Was sagen Sie zu den aktuellen Entwicklungen der Bundes-SPÖ?
Ich habe immer klar gesagt, dass ich der Meinung bin, dass Kern kein guter Parteivorsitzender für die SPÖ ist. Und ich habe leider recht behalten. Auch der Abgang war desaströs. Aber ich bin sehr optimistisch mit der neuen Parteivorsitzenden und ich hoffe, dass sie gut unterwegs sein wird in Zukunft.
Was war/ist Ihr Politikverständnis?
Für mich war Politik immer durch Folgendes geprägt: Erstens das Miteinander in den Vordergrund stellen. Zweitens alle Dinge so lange wie möglich auszudiskutieren, aber den Mut zu haben eigenständige Entscheidungen zu treffen. Und drittens: Möglichst viel Vielfalt zu ermöglichen.
Wie hält die jetzige Bundesregierung Ihre Maßstäbe ein?
Ich kritisiere, dass sie zu wenig versucht, das Miteinander zu finden, dass sie gerade im Bereich der Sozialpartnerschaft über die Gewerkschaften hinweg regiert. Und bei wichtigen politischen Themen wird nicht versucht, die Opposition einzubinden.
Ist das auch ein Problem der Opposition?
Zusammenarbeit ist nie eine Einbahn, natürlich muss von beiden Seiten der Wille da sein. Ich bin aber optimistisch, dass mit November eine konsensorientierte und kraftvolle Opposition der SPÖ möglich sein wird.
Werden Sie sich weiterhin politisch äußern?
Ich habe vor, mich weder in die Bundes- noch Landes- noch in die Gemeindepolitik einzumischen. Wenn ich um Rat gefragt werde, stehe ich gerne zur Verfügung. Ich werde aber kein Balkonmuppet sein.
Würden Sie im Nachhinein etwas anders machen?
Wenn ich mein Leben neu gestalten könnte, würde ich mehr Fremdsprachen lernen, ich würde zuerst meine Berufsausbildung fertig machen und dann erst voll in die Politik einsteigen. Und ich würde noch offener als bisher meine Meinung als Politiker sagen.
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