Unruhige Zeiten für die Autoindustrie: Eine weltweit nachlassende Autokonjunktur, Handelskonflikte sowie der Dieselskandal drohen zu einem perfekten Sturm zu werden. Schon jetzt finden sich in den Bilanzen vieler Hersteller und Zulieferer starke Bremsspuren. Und es könnte noch dicker kommen. Grund sind die Elektroautos.
Schon lange vor der aktuellen Klimadebatte wurde die Autoindustrie dazu verpflichtet, den Co2-Ausstoß zu reduzieren. Als Ziel wurde definiert, dass ab 2021 der Co2-Ausstoß der Neuwagen im Schnitt auf 120 Gramm pro Kilometer zu senken. Wenn Hersteller darüber liegen, fallen Strafzahlungen an. Um das zu vermeiden, setzen die Hersteller auch auf Elektroautos. Dazu müssten sie in der EU mehr als zwei Millionen E-Autos verkaufen, geht aus einer Studie des Unternehmensberaters McKinsey hervor.
Das wird sich nur schwer ausgehen. Im Vorjahr wurden nur 200.000 E-Autos abgesetzt. Die Studie rechnet daher mit Strafen von insgesamt 15 Milliarden Euro. Konsequenz: Bis 2025 bringen die Hersteller mehr als 300 neue batterieelektrische Autos auf den Markt. Laut einer Analyse von Transport & Environment, dem Dachverband des Verkehrsclub Österreich (VCÖ), werden sogar 333 Modelle erhältlich sein. Bis 2025 soll sich die Produktion von E-Autos in Europa auf vier Millionen Stück versechsfachen, ein Anteil von 17 Prozent der Produktion.
Software statt Getriebe
Was sich für den Co2-Ausstoß gut anhört, könnte die Zulieferer – auch in Österreich – hart treffen.
„Aktuell ist ein starker Fokus bei Herstellern und Zulieferern auf Verbrennungsmotoren zu beobachten, entsprechend wird sich die Transformation der Autoindustrie auch in Österreich bemerkbar machen“, sagt Lukas Michor, Partner im Wiener Büro von McKinsey. Entsprechend würde sich Veränderungsbedarf in bestehenden Geschäftsfeldern (z.B. Motoren, Getriebe) und neue strategische Möglichkeiten zur Entwicklung zukünftiger Geschäftsfelder (z.B. E-Mobilität, Software und Elektronik sowie autonomes Fahren und Daten) ergeben. „Hier müssen viele Zulieferer ihre Prioritäten überdenken“, so Michor zum KURIER.
Beispiel voestalpine: Der Autoteilezulieferer war bisher im Bereich „Motor“ relativ wenig vertreten. Die Batteriekästen der neuen Elektroautos würden allerdings geradezu danach schreien, aus Komponenten der voestalpine gefertigt zu werden, sagt Konzernchef Herbert Eibensteiner.
Neue Produkte suchen
Ob von den 650 heimischen Betrieben mit 80.000 Mitarbeitern alle überleben werden? „Die Transformation ist nicht ganz einfach. Einige werden es schaffen, aber nicht alle“, sagt Deutschlands Autoexperte Nummer eins Ferdinand Dudenhöffer. „Man muss neue Produkte suchen, etwa im Bereich Batterie oder Thermo-Management, weil bei Kolben, Abgassysteme, Motorsteuerung oder Getriebe wird es schwierig“.
Er rechnet mit 30 Prozent weniger Jobs, wobei die Hälfte der Streichungen durch neue Jobs in den Segmenten Autonomes Fahren, IT, Software und Batterien kompensiert werden könnte. Bei Batterien sei Europa aber „nicht gerade Weltmeister“. Michor ist zuversichtlicher. Er rechnet mit einem Verlust von nur zehn Prozent aller Jobs ohne Berücksichtigung neuer Arbeitsplätze.
Clemens Zinkl von der ARGE Automotive Zulieferindustrie übt sich in Zweckoptimismus. „So viele Komponenten ändern sich durch die E-Mobilität nicht. Wir investieren viel Geld in Forschung und Entwicklung und versuchen uns so zu rüsten, aber es ist eine große Herausforderung.“
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