Ladenetz in Österreich: Top oder Flop?
Derzeit gibt es in Österreich 192.635 rein elektrisch betriebene Pkw. Das sind 3,7 Prozent des gesamten Pkw-Bestands in Österreich. Da ist also Luft nach oben. Das Laden – wo, wie, um wie viel Geld – ist für viele potenzielle Käufer ein wichtiges Thema. Zwischen jenen, die ein Eigenheim besitzen und bequem zu Hause laden und jenen, die nicht einmal einen Garagenplatz haben, tun sich oft unüberbrückbare Diskussionen auf. Aber:
Wie gut oder schlecht steht Österreichs Ladenetz wirklich da?
Andreas Reinhardt, Vorsitzender Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ): „Österreich liegt mit über 25.000 öffentlichen E-Ladepunkten im guten europäischen Mittelfeld. Es muss heute niemand Angst haben, wegen fehlender öffentlicher Lademöglichkeiten nicht nach Hause zu kommen.“ Martin Grasslober, Leiter Verkehrswirtschaft des ÖAMTC, sagt dazu: „Österreich hat in den vergangenen Jahren beachtliche Fortschritte beim Ausbau der Ladeinfrastruktur gemacht. Es gibt ein vergleichsweises dichtes Netz an öffentlichen Ladestationen, insbesondere in den urbanen Zentren“.
Heute gibt es mehr als zweieinhalb Mal so viele Ladepunkte, zwölfmal so viele Ultraschnell-Ladepunkte und fast fünfmal so viel Ladeleistung als noch vor drei Jahren. Allerdings, so Grasslober: „Das Tempo des Ausbaus ist noch nicht ausreichend, um den ehrgeizigen Zielen der Elektromobilität gerecht zu werden.“
Es muss heute niemand Angst haben, wegen fehlender öffentlicher Lademöglichkeiten nicht nach Hause zu kommen.
EU-Vorgaben einhalten
In Sachen EU-Vorgaben sieht es jedoch gut aus. Reinhardt: „Die in der europäischen Regulierung festgeschriebenen Ausbauziele für den E-Pkw-Bereich erreichen wir heute schon.“ Dennoch steht Österreich vor mehreren Herausforderungen bei der Ladeinfrastruktur. Wichtig wäre vor allem der Ausbau in heute unzureichend versorgten ländlichen Regionen, mehr Schnellladestationen – insbesondere entlang von Fernstraßen –, sowie das Erleichtern der Errichtung von Lademöglichkeiten in Mehrparteienhäusern. Dazu müsste es hohe Investitionen geben, von öffentlicher, aber auch von privater Seite.
Das Tempo des Ausbaus ist noch nicht ausreichend, um den ehrgeizigen Zielen der Elektromobilität gerecht zu werden.
Im August 2024 befand sich Österreich auf Platz 6 unter den Top 10 EU-Ländern mit ca. 300 Ladepunkte je 100.000 Einwohner. Platz 1 belegen die Niederlande mit etwas mehr als 900, Platz 2 Belgien mit knapp 600 Ladepunkte je 100.000 Einwohner.
Die EU-Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) gibt vor, dass jeder Mitgliedstaat ab 2024 für jeden batteriebetriebenen PKW und jedes batteriebetriebene leichte Nutzfahrzeug bis zum Ende des jeweiligen Jahres eine Ladeleistung von mindestens 1,3 kW über öffentlich zugängliche Ladestationen bereitstellt. Mit Stand 31.12.2023 ist laut Ministerium eine Überfüllung der Ziele um den Faktor 2,83 festzustellen.
Mit Stand 04. November 2024 besteht das österreichische Ladenetz mit 19.756 Normalladepunkten (unter 23 kW), 3.924 Schnellladepunkten (bis inkl. 150 kW) und 1.556 Ultraschnellladepunkten (über 150 kW) aus insgesamt 25.236 öffentlich zugänglichen Ladepunkten. Österreich setzt laut Ministerium auf einen ausgeglichenen Ausbau für alle Ladeszenarien (langsam, schnell und ultraschnell) und ist heute der einzige Mitgliedsstaat, der in allen drei Leistungskategorien klar über dem EU-Durchschnitt liegt.“
Stromnetz mitdenken
Nicht vergessen werden darf dabei das Stromnetz. Grasslober: „Der Ausbau der Ladeinfrastruktur stellt hohe Anforderungen an das Stromnetz. Es müssen ausreichende Kapazitäten zur Verfügung gestellt werden.“ Ein weiterer Punk sind die Lade-Kosten. Um das E-Auto für die breite Bevölkerung attraktiv zu machen, müssten Tarife transparent und vergleichbar sein. Und laut ÖAMTC braucht es Maßnahmen, die den Wettbewerb unter den öffentlichen Ladestationen fördern.
Andreas Reinhardt: „Die Ladeinfrastruktur hat in den vergangenen zehn Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Diese Erfolge sollten wir nicht durch einen politischen Schlingerkurs aufs Spiel setzen.“
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