Wie man sich selbst ins Bein schießt

Martina Salomon
Polarisierung, Schwarz-Weiß-Denken und gegenseitiges Abwerten beschädigen Politik, Justiz und Medien.
Martina Salomon

Martina Salomon

Blicken Sie beim Ibiza-Untersuchungsausschuss eh noch durch, wer da wen attackiert? Ibiza-"Hauptdarsteller" Strache ist bereits zur Randerscheinung geworden, ebenso wie die Aufklärung darüber, was von den prahlerisch beschriebenen Plänen "nur" Macho-Gehabe gegenüber einer "schoafen" Gastgeberin und was tatsächlich ein möglicherweise korruptes Netzwerk war. Mittlerweile überschatten die Grabenkämpfe zwischen Polizei und Justiz und auch innerhalb der Justiz den eigentlichen Untersuchungsgegenstand. Leider – wie immer bei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen – steht die Show im Vordergrund, oft genug jene von egomanischen Einzeldarstellern. Politik wird nur noch in einem Zerrspiegel betrachtet.

Wobei keiner der politischen Akteure Mitleid verdient. Politik soll kantig sein, da muss man auch austeilen und einstecken können. Dennoch sind die zunehmende Polarisierung und die bösartige Häme besorgniserregend. Es gibt plötzlich nur noch Schwarz-Weiß, keine Mitte mehr, keinen Ausgleich, für den Österreich einst auch mit seinem Sozialpartnermodell berühmt war (das sich historisch aus der traumatischen Bürgerkriegserfahrung der Dreißigerjahre gebildet hat). Dirty Campaigning wird zum Regelfall, befeuert durch die sozialen Medien. Man unterminiert durch ständigen Beschuss die Glaubwürdigkeit einer Institution oder Person, wertet sie moralisch ab. Das hat Austro-Twitter mittlerweile zu einem vergifteten Ort gemacht, wo man auch hinter dem Schutz der Anonymität (und oft genug im Sold von Parteien) andere herabwürdigen kann. Dies zerkratzt das Image der Politik noch mehr – und auch das des Journalismus.

So stempelt man an den rechten wie den linken Rändern die klassischen Medien zur "Systempresse", die mit der Regierung im Bunde ist und die wahren Skandale angeblich verschweigt. An diesen Rändern haben sich eigene (Online-)Tribunale gebildet, die sich im Besitze der einzigen Wahrheit fühlen und andere permanent abwerten. Parteien und Lobbying-Organisationen haben da gewaltig aufgerüstet und ihre "Troll-Armeen" in Marsch gesetzt.

Für Otto Normalverbraucher ist oft gar nicht mehr zu durchschauen, wer hinter diesen vielen neuen Medien in Wahrheit steckt und wer einen seriösen und wer einen versteckten Auftrag hat. In den Zuschauerrängen kriegt man nur noch die Grabenkämpfe mit und ist davon selten belustigt, oft aber nur noch angeekelt und hält am Ende alle für verrottet: die Politik, die Medien, die Justiz und damit das ganze Land. Von allen Berufen in Österreich genießen übrigens Feuerwehrleute das höchste Vertrauen. Sie löschen, wo es brennt. Und zünden das Haus ihrer Kollegen (üblicherweise) nicht an.

Kommentare