Widerlicher Umgang im Fall Khashoggi

Die Ermordung des saudischen Journalisten muss endlich aufgeklärt werden. Bis dahin: Boykottiert Riad.
Walter Friedl

Walter Friedl

Die ganze Wahrheit im Polit-Thriller um den in Istanbul getöteten regimekritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi wollte der türkische Präsident Tayyip Erdoğan gestern präsentieren. Doch die angekündigte „nackte Wahrheit“ war wenig prickelnd. Es sei ein „ geplanter, barbarischer Mord“ gewesen. Ja eh, davon gehen ohnehin alle aus. Möglicherweise wollte der „Sultan“ gar nicht mehr ausplaudern – um etwaige dubiose Praktiken seiner Geheimdienste zu verschleiern.

Es ist unwürdig, ja widerlich, wie dieser Fall behandelt wird. Auch deswegen, weil zu viele Interessen dahinterstecken: Erdoğan nützt die Gelegenheit, Saudi-Arabien im Ringen um die regionale Hegemonie eines auszuwischen, US-Präsident Donald Trump bangt um seine Geschäfte mit den Scheichs, um Amerika great again zu machen. Und der Kronprinz des Wüstenstaates, Mohammed bin Salman, eliminiert – zumindest politisch betrachtet – nicht nur all seine potenziellen Konkurrenten und Kritiker, sondern läuft mittlerweile um sein Thron-Leiberl.

Denn sehr vieles spricht dafür, dass er selbst in die Causa verwickelt ist. Deswegen wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Es ist höchst an der Zeit, dass endlich alle Fakten auf den Tisch kommen und der Mord restlos aufgeklärt wird. So schmerzhaft das auch für so manche sein mag.

Bis es so weit ist, gilt es, maximalen Druck auf das saudische Königshaus auszuüben. Rüstungsexporte für eine Führung, die im Verdacht steht, dass sie einen Journalisten ermorden und zerstückeln ließ, sind sofort zu stoppen. In diesem Punkt darf es kein Zaudern geben. Wer dies tut, stellt die humanistische Werteordnung infrage.

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