Gibt es denn aktivierbare Arbeitskraft in Österreich? Eigentlich schon. Der für Arbeit (und jetzt auch Wirtschaft) zuständige Minister Martin Kocher hat einiges davon zumindest angesprochen. Zum Beispiel dass das Arbeitskräfteproblem lösbar wäre, wenn alle teilzeitarbeitenden Frauen etwas mehr Stunden arbeiten würden. Er wurde harsch kritisiert, hat im Kern aber recht. Schließlich gibt es auch immer mehr Menschen ganz ohne Betreuungspflichten, die sich einen Vollzeitjob nicht mehr antun wollen. Und noch weniger einen, in dem Homeoffice unmöglich ist – eine Folge der Pandemie. Das führt dazu, dass Handwerker in Verwaltungsjobs flüchten und Firmen gefordert sind, ein attraktiver(er) Arbeitgeber zu sein. Dazu zählt längst nicht nur ein angemessenes Gehalt. „Work life balance“ ist das neue Zauberwort, vor allem der Jungen.
Aber warum wird dann nicht versucht, die oft durchaus fitten Älteren im Betrieb zu halten oder neu einzustellen, statt sie bei jedem Sparpaket in Frühpension zu drängen? Weil das „Senioritätsprinzip“ (Alter an Gehaltsfortschritt gekoppelt), zu stark wirkt. Detto der Kündigungsschutz. Stimmt gar nicht, heißt es da seitens der Gewerkschaften. Doch in der Praxis der Arbeitsgerichte gelten solche Kündigungen meist als sozialwidrig. Unternehmen zögern daher, Ältere neu einzustellen – und Ältere verharren am angestammten Arbeitsplatz, selbst wenn sie dort unglücklich sind. Sie wissen: Am freien Markt sind sie praktisch unvermittelbar. Die Katze beißt sich in den Schwanz.
Abgesehen davon arbeiten zu viele Menschen unter der Geringfügigkeitsgrenze. Die Anreize für reguläre Anstellung sind in unteren Einkommensstufen zu gering. Mancher Arbeitskräftemangel ist letztlich auch hausgemacht: Wenn Firmen ihre Mitarbeiter ewig in Kurzarbeit schicken, lassen sie sich danach halt nicht mehr so einfach reaktivieren.
Ja, es gäbe Arbeitskräftepotenzial. Aber da müssten Arbeitgeber, Arbeitnehmer und auch die Politik mit manch lieb gewonnenen alten und neuen Gewohnheiten brechen.
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