Der britische Humor – was für ein weltoffenes Zeichen, dass erstmals ein Mann Queen wird! – trat für ein paar Stunden in den Hintergrund. Mit Ernsthaftigkeit und Eleganz absolvierte Great Britain diesen Akt der Einheit. Man bewunderte als Österreicher, wie sehr es dort gelingt, Patriotismus positiv zu zelebrieren und sich auf Identifikationsfiguren und ein gemeinsames größeres Ganzes zu verständigen. Bei uns droht ja Patriotismus rasch in Nationalismus zu kippen und definiert sich primär durch Abgrenzung. Soll nicht heißen, dass in England alles besser wäre (das ist es keinesfalls), aber Stolz und Provinzialismus sind auf der Insel nicht verschwistert.
Diskutiert wird nach dieser Krönung bestimmt noch lange, wie sich Harry gefühlt haben mag, dass er in die dritte Reihe verräumt wurde. Und ob Camilla wirklich zur Königin gekrönt werden musste, sie zupfte ja selbst unsicher an ihren Haaren darunter – das war eines der Hauptthemen im kleinen Pub in Buckinghamshire, in dem die Angestellten mit rot-weiß-blauen Mascherln am Kopf servierten und mitfeierten. Trotz der Kostümierung war diese Krönung aber weit von einem Faschingsfest entfernt und bringt durchaus ernsthafte Erkenntnisse:
- Dass der König definitiv ein Freund der Kunst ist (das Musikprogramm war erstklassig) und nicht – wie manch Volksrepräsentant anderswo – Kultur ignoriert oder für populistische Spitzen missbraucht;
- dass sich konsequentes Engagement – im Fall von Charles etwa für Umweltschutz – irgendwann lohnen kann und der Spinner von einst nun als Visionär gilt;
- dass also ein Aufbegehren gegen die Mehrheitsmeinung für die Leader von morgen möglicherweise Voraussetzung ist;
- dass Tradition und eine Auseinandersetzung mit der Welt von heute und ihren Problemen kein Widerspruch sein muss;
- oder dass man – ob König, Politiker, Manager, Beamter – vor allem nach einer Maxime handeln sollte: dem Amt (und somit den Menschen) zu dienen. „I’m here to serve and not to be served“, sagte Charles III., er komme als Diener (Gottes und des Volkes) und nicht als jemand, dem gedient werden müsse.
Das ist nämlich eines der größten Missverständnisse: Dass Macht der Macht (oder des Geldes) wegen attraktiv sei. Wer Macht liebt, ist falsch am Platz und korrumpierbar. Sollte man eigentlich wissen, wird aber nur selten gelebt.
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