Nicht nur in Österreich, auch und gerade in den oft geächteten, an die Ukraine angrenzenden Ländern Polen und Ungarn: „Helden der Humanität“ hat diese der Publizist Boris Kálnoky jüngst genannt. Und er zitiert Margaritis Schinas, den EU-Kommissar für die „Förderung des europäischen Lebensstils“, zuständig für Migration, Gleichheit und Diversität, mit der Aussage „Ungarn steht auf der richtigen Seite der Geschichte“. (Das ist, nebenbei bemerkt, jener Kommissar, der bzw. dessen Ressort anfangs heftig angefeindet wurde: Es hätte ursprünglich – horribile dictu – „Schutz unserer europäischen Lebensart“ geheißen, was insbesondere die linken Fraktionen im EU-Parlament, aber auch Vertreter der EVP auf die Barrikaden trieb; schließlich wurde auf „Förderung“ entschärft.)
Durch einen Teil der Berichterstattung zieht sich indes ein Narrativ, welches die gegenwärtige Welle an Hilfs- und Aufnahmebereitschaft gerade mit Blick auf Polen und Ungarn, aber auch auf Österreich gegen die restriktive Haltung ebendieser Länder bei der Migrationswelle 2015 ff. auszuspielen versucht. Der ORF etwa wird nicht müde, in seinen Berichten stets die große „Kehrtwende“ in der Flüchtlingspolitik zu betonen.
Damit wird freilich geflissentlich übersehen, dass die beiden Geschehnisse sich nicht vergleichen lassen. Jetzt kommen mehrheitlich Frauen und Kinder, damals waren es vor allem Männer; jetzt kommen Menschen aus der unmittelbaren Nachbarschaft, damals kamen sie über eine Reihe sicherer Drittstaaten; jetzt fliehen sie vor einem brutalen Angriffskrieg, nach dessen Ende sie vermutlich in ihre Heimat zurückkehren wollen, damals suchten viele nicht nur unmittelbarer Gefahr wie dem Krieg in Syrien zu entfliehen, sondern dauerhaft bessere Lebensumstände in Europa zu finden. Und ja, natürlich ist es legitim, auch die unterschiedliche kulturell-religiöse Prägung zwischen den jetzt Fliehenden und den damals Zuwandernden ins Treffen zu führen.
Das offensiv zu kommunizieren, ohne falsche Untertöne, aber eben auch klar und ohne verlegenes Herumdrucksen, gelingt freilich hierzulande auch jenen Politikern kaum, die für diesen Kurs stehen. Ein auch aus anderen Bereichen bekanntes Phänomen bürgerlicher Politik: Die eigene Überzeugung ist einem ein bisschen peinlich. Aber warum eigentlich?
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