Die Justiz führt die Causa als Verschlussakt und will bis zum Ende des Wahlkampfs keine weiteren Informationen mehr veröffentlichen. Ein logischer Wunsch an eine verantwortungsvolle Justiz, die sich nicht als politischer Player versteht. Umgekehrt ergibt sich daraus jedoch ein hoher Anspruch: Die Ermittler von
Staatsanwaltschaft Wien und Korruptionsstaatsanwaltschaft werden daran zu messen sein, ob aus ihren Reihen politische Indiskretionen nach außen dringen. Zwischen den Aktendeckeln schlummern zahlreiche Bomben, die geeignet wären, den Urnengang zu beeinflussen.
Denn: In Zeiten des Wahlkampfes zählt der sachliche Inhalt wenig, die Schlagzeile aber alles. Entsprechend lautstark wehrte sich die ÖVP gegen die Nachricht, die Staatsanwaltschaft könne einen Konnex zwischen Schredder-Affäre und Ibiza-Video nicht ausschließen. Hier werde ein Schmutzkübel ausgeleert, jammerten die Türkisen. Von wem, ließen sie wohlweislich offen. Soll die Justiz allfällige Verdachtsmomente nicht ermitteln, nur damit sich der Ex-Kanzler nicht auf den Schlips getreten fühlt? Wohl kaum. Dass bei diesem juristischen Handlungsstrang überhaupt etwas herauskommt, gilt ohnehin als unrealistisch, nicht zuletzt, weil geschredderte Datenträger ja vernichtet sind. Was auch immer das Kabinett Kurz über die Drucker laufen ließ, deren Festplatten es entsorgte: Wir werden es kaum je erfahren. Fürs Image ist es aber dennoch höchst heikel.
Was die FPÖ angeht: Alle, die sich freuen, dass bei
Strache eine Hausdurchsuchung (samt Beschlagnahmung seines Telefons) stattfand, könnten sich am Ende ungläubig die Augen reiben. Sollte die Justiz weder in der Casino-Affäre noch bei Ibiza Schuld-Urteile fällen oder die Ermittlungen mangels Beweisen gar einstellen, würde nicht mehr überbleiben als eine „b’soffene Geschichte“, als die Strache den Skandal abtun möchte. Der frühere Ober-Blaue wäre dann aus Sicht seiner Anhänger das größte anzunehmende Opfer, das vom politischen Gegner unter Zuhilfenahme einer FPÖ-feindlichen Justiz um sein Amt gebracht wurde.
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