Unsicher und voller Hoffnung

Das Leben bleibt hochgradig unberechenbar – warum das gut ist und wir die Unsicherheit brauchen.
Sandra Baierl

Sandra Baierl

Die Welt ist unvorhersehbar. Da können auch Forscher, Großrechner und Vorhersagemodelle wenig dagegen tun.

Das ist Jammer und Trost zugleich.

Niemand hat für das vergangene Jahr eine Pandemie kommen sehen. Und selbst dann, als das Virus die Welt kräftig schüttelte, waren die daraus resultierenden Effekte in vielen Bereichen durchwegs überraschend. Sie folgten nicht zwingend einer Logik, einer Hochrechnung und auch keiner Erfahrung (hat man kaum, mit einem solchen Welt-Virus).

Zu den Überraschungen des Jahres 2020 zählen das schnelle Comeback der Finanzmärkte, die nochmalige Erstarkung des Immobiliensektors, der Digitalisierungsturbo, der uns zehn Jahre in die Zukunft katapultiert hat; die Entwertung der Büros; dass Budget- und Sparintentionen der Regierung plötzlich passé waren, dass sich der Brexit wie ein Kaugummi zog (und endlich vom Tisch ist); dass eine Kryptowährung namens Bitcoin fast 30.000 Euro wert wurde; Sozialpartner und Zeitungen wieder wichtig wurden.

Diese Unvorhersehbarkeit bleibt uns erhalten. Weiterhin ist auf nichts Verlass – war es noch nie. Die Dinge kommen oft ganz anders als wir glauben. Ein Jammer.

Aber: Diese Unsicherheit macht das Leben zum Leben, sage nicht ich, sondern sagt die Philosophin Nathalie Knapp. "Ohne Unsicherheit hätten wir keine Möglichkeit mehr, unser Leben zu gestalten. Sicher kann es nur sein, wenn alles vorgegeben und berechenbar ist. Aber dann gäbe es keine Hoffnung mehr. Hoffnung, dass wir etwas tun können, damit die Zukunft besser wird. Wir wären Maschinen, die nur noch ihren Lebensplan abgehen. Wir sind aber vitale Wesen und damit auf Unsicherheit angewiesen, um lebendig zu sein.“ Das wiederum ist ein schöner Trost.

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