Sollen wir die Pisten-Beschneiung abschaffen?

Sollen wir die Pisten-Beschneiung abschaffen?
Ski-Rennen werden abgesagt, statt verschneiter Pisten gibt's weiße Bänder auf braunen Wiesen. Sollen wir auf die Beschneiung verzichten?

PRO

Langsam könnten wir es realisieren: Die Klimakrise killt den Skisport. Und die Energiekrise beschleunigt den Wandel wohl noch weiter. Die Vorsaison ist mausetot, sieht man von den Gletschern ab, die nach wie vor Schnee liefern. Sieben Skirennen wurden heuer bereits abgesagt. Dafür genoss man im Tal untypisch hohe Temperaturen um die 20 Grad.

Wacker halten die Beschneiungsanlagen dagegen: Rundherum ist es grün, dazwischen müht man sich ab, ein dürftiges  Weiß zu schaffen. Man möchte den Betreibern zurufen: Gebt auf! Nehmen wir den Wandel an. Wenn es zu warm ist, dann ist das so. Und wir haben als Gesellschaft wichtigere Sorgen, als die Frage, ob wir uns schon im November auf der Piste die Knie auskugeln.
Wir sollten uns eingestehen, dass sich auch angesichts von Chalet-Ballungen und Hotelburgen nicht alles rest-kommerzialisieren lässt.  Ein anderes Blickfeld tut sich hingegen auf: Die Berge werden zunehmend als Sommerdomizil relevant (mancherorts staut es sich dort schon gewaltig). Auch hier ist der Auslöser derselbe: In den Städten wird es auf Sicht zu heiß, wir drängen in die kühlere Höhe, wo man noch einigermaßen durchatmen kann.

Der Tourismus wird sich daran anpassen müssen. Ob wir für Almspaziergänge unbedingt Seilbahnen brauchen werden, sei dahingestellt: Wenn schon hässliche Metalltrümmer in der Gegend herumstehen, dann wenigstens klimaeffiziente Windräder. Gehen können wir  noch selbst.

Philipp Wilhelmer leitet die Debatte

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Philipp Wilhelmer leitet die Debatte

CONTRA

Zugegeben, man sollte keiner Statistik glauben, die man nicht selbst gefälscht hat. Trotzdem lohnt sich ein genauerer Blick auf die Zahlen.

So rechnet das Umweltbundesamt vor, dass der Wintertourismus für weniger als ein Prozent des österreichischen Energieverbrauchs verantwortlich ist. In diesem Wert inkludiert sind nicht nur Seilbahnen und Pistenpräparierungen, sondern auch Beherbergungsbetriebe und Gastronomie. Detail am Rande: Der Energieverbrauch pro Gästenächtigung ist im Zeitraum 2008 bis 2019 um 54 Prozent gesunken. Nicht, weil die Touristiker die Welt retten, sondern weil das auf ihr eigenes Konto einzahlt. Je effizienter der Energieeinsatz, desto geringer die Kosten. Eine Faustregel, die nicht erst seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine gilt.
Der Vorschlag, dass die Wintersportorte künftig auf die Beschneiung ihrer Pisten verzichten sollen, ist einigermaßen naiv. Ohne Kunstschnee läuft schlicht nichts mehr in den Bergen. Er ist das Fundament, das rund neun Millionen Skifahrer (Zahlen aus der Saison   2020/’21) aushält – selbst in schneereichen Wintern.

Wer jetzt die Schneekanonen aus den Bergen verdammen will, wird sich spätestens im Frühjahr, Sommer oder Herbst über die Folgen wundern.  Beim Bergwandern, wenn die Gondeln nicht mehr im Kreis  fahren, die Wanderer und Mountainbiker auf die Berge karren. Ohne Winter lässt sich kein Ganzjahresbetrieb finanzieren. Und übrigens auch kein Ganzjahresjob.

Simone Hoepke ist stv. Leiterin des Wirtschaftsressorts

Sollen wir die Pisten-Beschneiung abschaffen?

Simone Hoepke ist stv. Leiterin des Wirtschaftsressorts

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