Zum Beispiel, dass es in Österreich selbst im Akutfall nicht mehr möglich ist, schnell einen Operationstermin in einem öffentlichen Spital zu bekommen, weil teure OP-Säle mangels Personal unbenützt bleiben. In der Schule unterrichten Quereinsteiger, für die Pflege der alten Eltern muss Betreuung von weit her geholt werden.
Die Unlust Vollzeit zu arbeiten
Am Sonntag bleibt das Wirtshaus geschlossen. Die große Unlust, Vollzeit, abends oder gar am Wochenende zu arbeiten, führt außerdem nicht selten zu vollkommener Selbstausbeutung der kleinen Selbstständigen: Der Installateur oder die Kleinstadt-Konditorin arbeiten dann eben 100 Wochenstunden.
Weil sich jetzt auch noch eine Rezession auf leisen Sohlen heranschleicht, sei die Prognose gewagt, dass die Österreicher in Zukunft mehr statt weniger arbeiten werden (müssen). Dennoch wird man weiterhin Arbeitsmigration brauchen. Dazu ist es dringend notwendig, vom hohen Ross herabzusteigen: Nein, wir sind kein besonders interessantes Zielland für Pflegekräfte aus Indien oder Südamerika.
Bürokratische Abschreckung
Es gibt keine Willkommenskultur für Leistungsträger, sondern bürokratische Abschreckung, langwierige Nostrifizierungsverfahren für eine im Ausland abgeschlossene Ausbildung, und mit Deutsch außerdem eine Sprachbarriere. Da zieht man lieber nach Großbritannien oder Australien. Ein Bravo für das Land Tirol, das eine „Onboardingstelle“ für arbeitswillige Ausländer schafft.
Ja, es ist natürlich gut, dass Unternehmen gezwungen sind, ihren Mitarbeitern gute Arbeitsbedingungen, ordentliche Gehälter und Wertschätzung zu bieten. (Letzteres wird im Trubel des Arbeitsalltags leider oft vergessen.) Andererseits ist es Zeit für mehr Realitätssinn: Asiatische Länder sind auch deshalb im Vormarsch, weil unbedingter Leistungs- und Aufstiegswille „normal“ ist. Noch sind wir in Europa kreativer, flexibler und besser gebildet. Aber das schwindet. Die Gesellschaft ist ein wenig satt und verwöhnt geworden.
Das ist gefährlich, weil hohe Energiepreise, Steuerlast und Überregulierung den Wirtschaftsstandort Europa ebenfalls schwächen. Es gab einmal einen (sozialdemokratischen!) Kanzler, der die „solidarische Hochleistungsgesellschaft“ propagierte. Man stelle sich vor, das würde ein ÖVP-Kanzler fordern. Wie wär’s, wenn er es sich dennoch trauen würde?
Kommentare