Die Corona-Krise: Skylla und Charybdis

Die Corona-Krise: Skylla und Charybdis
Es gibt nur einen Ausweg aus der Krise: Ein Impfstoff muss her. So schnell wie möglich. Sonst ergeht es uns wie Odysseus.
Wolfgang Unterhuber

Wolfgang Unterhuber

Der Sagenheld Odysseus musste nach dem Krieg gegen Troja zahlreiche Abenteuer bestehen. Unter anderem lässt ihn sein Erfinder, der griechische Dichter Homer, durch eine dunkle Meerenge segeln, die von zwei Meeresungeheuern bewacht wurde. Auf der einen Seite Skylla, auf der anderen Charybdis. Überlebenschance: eher so gegen null.

Viele Entscheidungsträger rund um den Globus erleben in diesen Monaten auch ihren „Skylla- und Charybdis-Moment“. Auch sie müssen durch eine tückische Enge steuern. Auf der einen Seite befindet sich das Coronavirus, auf der anderen die größte Wirtschaftskrise in Friedenszeiten seit 90 Jahren.Zur Erläuterung: Wenn man Corona überhaupt mit einer Krise im industriellen Zeitalter vergleichen kann, dann mit der Grippepandemie von 1918/19.

Auch das war eine sogenannte Ereignis-Krise. Das sind Krisen, die nicht durch Blasen in der Wirtschaft entstehen, sondern durch Seuchen oder Naturkatastrophen. Die Zahl der Todesopfer lag nach heutigen Schätzungen zwischen 27 bis 50 Millionen Menschen. Gegenmaßnahmen wie Lockdowns gab es keine. Trotzdem brach eine globale Wirtschaftskrise aus, weil die Konsumnachfrage zurückging. Sieht man von Mitteleuropa wegen der Folgen des Ersten Weltkriegs ab, dauerte die durch die Grippe verursachte globale Rezession laut Berechnung des Finanzdienstleisters Fidelity International sieben Monate.

Fazit also: Virus ohne Gegenmaßnahme bedeutet kurze Krise, aber millionenfachen Tod. Das ist Skylla. Deshalb steuert die Politik hundert Jahre später einen anderen Kurs. Durch Lockdowns versucht man die Zahl der Todesopfer einzudämmen. Um den Preis einer Mega-Wirtschaftskrise.

Zur Veranschaulichung: Die globale Reise- und Tourismusbranche wurde schnell und heftig getroffen. Allein nur dieser Sektor mit all seinen Fluggesellschaften, Kreuzfahrtanbietern, Hotels, Restaurants und seinen Zulieferern trägt rund zehn Prozent zur globalen Wirtschaftsleistung bei. Ebenfalls zehn Prozent macht die Zahl der Beschäftigten weltweit aus. Laut World Travel and Tourism Council benötigt die Branche im Durchschnitt 19,4 Monate, um sich von Epidemien zu erholen.

Das lässt erahnen, was auf uns zukommt. Die Lage in den Produktionssektoren ist da noch gar nicht berücksichtigt. Fazit: Gegenmaßnahmen retten Menschenleben, verursachen aber für sehr lange Zeit globale Massenarbeitslosigkeit, Elend, Hunger und politischen Unruhen. Das ist Charybdis.

Bei all dem derzeit vielen Gerede, Analysieren, Berechnen, Verkünden und Begründen bleibt also nur eine Wahrheit: Ein Impfstoff muss her. So rasch wie möglich. Erst dann ist sozusagen Licht am Ende der Meerenge. Sonst ergeht es uns wie Odysseus. So lässt Homer seinen Helden sagen: „Ich habe manches Schlimme gesehen – dies war das Schlimmste.“

Kommentare