Rendis Rechnung ging auf

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Das innerparteiliche Match hat die SPÖ-Chefin gewonnen. Die schwierigere Aufgabe, die SPÖ aus dem Tief zu führen, liegt noch vor ihr.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Sie hat viel riskiert – und gewonnen. Pamela Rendi-Wagner, die Quereinsteigerin ohne Erfahrung in den üblichen Funktionärsintrigen, hat das innerparteiliche Match gegen ihre Kritiker für sich entschieden. Beeindruckend an dem Ergebnis des SPÖ-Basisvotums ist vor allem die Beteiligung: 42 Prozent der SPÖ-Mitglieder haben daran teilgenommen – und das, obwohl Parteischwergewichte wie Michael Ludwig und Hans Peter Doskozil das ganze Unterfangen für sinnlos erklärt hatten. Mobilisiert hat sowieso kaum jemand für sie. Zwischendurch hat es für Rendi gar nicht gut ausgeschaut: In ihrem anfänglichen Zorn, dass die Bundesparteichefin just im anlaufenden Wiener Wahlkampf eine Führungsdebatte lostrat, waren die Wiener Genossen drauf und dran, ihre Bundeschefin zu feuern.

Mangels logischem Nachfolger drehte sich bald der Wind. „Mit ihr durchtauchen“ lautete die neue Parole. Führende Parteifreunde rieten ihr, die Corona-Krise als Ausrede zu nutzen, um das Unternehmen Basisvotum abzusagen.

Wieder blieb Rendi-Wagner stur. Sie wollte den Parteipromis beweisen, dass sie recht hat, dass die Kritik der Funktionäre von den einfachen Mitgliedern nicht geteilt werde. Dass die Basis hinter ihr stehe.

Rote Frauen verschafften sich Gehör

Rendis Rechnung ging auf. Genau genommen waren es vor allem die Frauen, die nicht zusehen wollten, wie die erste Frau an der SPÖ-Spitze von egozentrierten Männern demoliert wird. Die Mehrheit derer, die an dem Basisvotum für Rendi teilnahmen, waren Frauen, obwohl nur 35 Prozent der SPÖ-Mitglieder weiblich sind. Die roten Frauen verschafften sich weitaus überproportional Gehör.

Mit dem Respekt, den sich Rendi nun innerparteilich erworben hat, hat sie wohl eine Zeit lang Ruhe vor ihren Kritikern. Bis zur Wien-Wahl im Herbst wird sowieso jeder, der aufmuckt, als parteischädigender Störenfried gebrandmarkt werden. Und falls Michael Ludwig, wie es derzeit aussieht, im Herbst mit einem passablen Ergebnis abschneidet – warum sollte es dann eine Führungsdebatte geben?

Nach Wien steht bis zur Bundespräsidentenwahl im Jahr 2022 kein Urnengang auf dem Kalender, der das Potenzial für ein bundespolitisches Erdbeben hätte. Rendi pickt jetzt also einmal als SPÖ-Chefin.

Ihr innerparteilicher Zwischenerfolg ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich die SPÖ in einem historischen Umfragetief befindet. Die ÖVP ist mit 30 Prozentpunkten Vorsprung in den Umfragen nicht einmal in Sichtweite der Sozialdemokraten. Es wird eine ungleich schwierigere Übung für Rendi-Wagner, es mit einem Kaliber wie Sebastian Kurz aufzunehmen.

Eine Voraussetzung, das muss man der SPÖ-Chefin lassen, bringt sie jedenfalls mit: Sie lässt nicht locker.

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