Im weltweiten „Wohlergehens-Index“ von Boston Consulting liegt Österreich auf Platz 5 von 141 untersuchten Ländern. Lasst uns doch einmal das Glas zumindest halb voll und nicht nur halb leer sehen.
Freuen wir uns zum Beispiel, dass die Zahl der Corona-Neuinfektionen so schnell sinkt, dass selbst Komplexitätsforscher perplex sind. Und wenn sich Häme erhebt, dass der Kanzler sein Versprechen nicht halten kann, bis Ende Juni allen Impfwilligen den ersten Stich anbieten zu können, so ist er natürlich nicht nur Opfer seiner allzu optimistischen Ankündigung, sondern auch „Opfer“ einer Erfolgsgeschichte: Die Zahl der Impfwilligen ist höher als angenommen. Außerdem sind neue Gruppen wie Schwangere und Jugendliche dazugekommen. Österreich liegt beim Impffortschritt im internationalen Vergleich recht gut. Das ist großartig organisiert. Verwaltung, Hilfsorganisationen, Ärzteschaft und Heer leisten ganze Arbeit.
Aber über den heimischen Grünen Pass darf man schon lästern, der ja eigentlich schon vor dem EU-Starttermin am 1. Juli kommen hätte sollen und sich nun verzögert? Naja, trotz der sonst eher läppisch ausgestatteten eCard kann man aus ELGA mittels Bürgercard längst seinen Impfpass herunterladen und ausdrucken. Zertifikate samt des EU-konformen QR-Codes gibt es seit Donnerstag immerhin für Genesene und Getestete, aber noch nicht für Geimpfte. Das dauert noch etwas. Na und? Als ob es irgendein IT-Projekt gäbe, das auf Anhieb funktioniert. Das Modell wurde (nach einem Jahrzehnt des Tiefschlafs) ambitioniert vorangetrieben. Dafür darf man das Gesundheitsministerium, das in dieser Krise nicht immer nur bella figura gemacht hat, ruhig einmal loben.
International unerreicht ist Österreich bei der umfassenden Teststrategie, um die „Alles gurgelt“-Aktion der Stadt Wien beneiden uns andere Großstädter. Das gibt es so nirgendwo – niederschwellig und (scheinbar) gratis. Auch bei den Unternehmenshilfen ist Österreich großzügig, das Gesundheitswesen erwies sich als stabil. Die Bürger verhielten sich weitgehend diszipliniert, wie beinahe jede Fahrt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel belegt. Nun zieht die Wirtschaft stärker an, als noch vor Kurzem prognostiziert, es geht rasant bergauf. Studien zeigen außerdem, dass das soziale Netz trotz Pandemie hält.
Klar, es gibt immer etwas zu raunzen. Aber auch wenn das offenbar fixer Bestandteil der österreichischen, vor allem der Wiener Kultur ist, sollte man sich gelegentlich daran erinnern, wie glücklich wir uns schätzen können, in Österreich zu leben – in Krisenzeiten, und überhaupt.
Kommentare