Das ist ja das Gefährliche an der Weltlage gerade: Wir haben es nicht nur mit einem kleinen ehemaligen KGB-Agenten zu tun, der den Zusammenbruch der DDR und des Sowjetreiches nicht verwunden hat und gerade geopolitisch Revanche nimmt; der Russland zu alter Größe führen will; der Zivilisten niederbombt; der mit dem Z-Symbol auf Kriegsgerät und an Türen von Regimegegnern fatal an ein vergangenes Symbol erinnert, man weiß schon.
Wir haben es auch mit notorischen Lügnern zu tun, die sich auf ihrem Feldzug über den Westen lustig machen. Als alle Zeichen auf Sturm und Einmarsch der über Monate formierten russischen Truppen in die Ukraine standen und die USA fast auf den Tag genau den Beginn des Verbrechens berechneten, warf Putin den USA „Hysterie“ vor (sein Sprachrohr Karin Kneissl sprach von „Kriegseuphorie“ des Westens) – kurz darauf überfiel Russland die Ukraine.
„Der Atomkrieg findet in den Köpfen des Westens statt“, sagte Sergej Lawrow kürzlich; „wir erfüllen alles unsere Verpflichtungen“ in Sachen Öl- und Gaslieferungen, sagte nun Wladimir Putin – wenn man das alles vom Sinn her wie oben umdrehte: gute Nacht, Welt.
Bedrohung für Putin
Putin belügt aber vor allem auch das eigene Volk. Und zwar mit der Mär von der Bedrohung Russlands durch die nach Osten erweiterte NATO. Bei allen mitgelieferten Fehlern: Die Verbreitung westlicher Werte – ökonomischer, demokratischer, ethischer – auf die ehemaligen Staaten des sogenannten „Ostblocks“ hat den meisten von ihnen eine ungeheure Prosperität gebracht, vom Baltikum über Tschechien bis Ungarn. Im Vergleich zu Russland, das dank des Systems Putin Jahrzehnte hintennach hinkt. Das ist die eigentliche Bedrohung, nicht für Russland, sondern für Putin.
Die Zeit ist gerade an Hoffnungen arm. Aber dass die Menschen in Russland diese Lüge durchschauen und sich gegen den Verbrecher erheben, der sie weiter in tief-sowjetische Finsternis stößt, wäre vielleicht eine.
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