PRO:
"Keine Baustelle im Sommer: Keine Streckensperre, kein Schienenersatzverkehr nötig.“ – Was wäre das für eine hübsche Schlagzeile.
Die wäre aber Fake News. Die Realität sieht so aus: Wartungen an in die Jahre gekommenem Material (Schienen) sind unvermeidlich, Verbesserungen an den Linien (neue Strecken oder Garnituren) sogar von den Passagieren heiß ersehnt. Aber weshalb lässt sich das nicht zeitlich so planen, dass Bauarbeiten nicht mehrere wichtige Öffi-Verbindungen zeitgleich unterbrechen?
Es ist ja nicht so, dass Godzilla ausgekommen und mit Gleisen einer Straßen-, Schnell- oder U-Bahn Schlittschuh gelaufen wäre. Oder, falls der flapsige Science-Fiction-Vergleich unangebracht scheint: Es ging (zum Glück) keine Mure auf das Verkehrsnetz nieder, die wegen der Reparatur der nicht vorhersehbaren Schäden plötzliche Streckensperren nötig gemacht hätte.
„Vorhersehbar“ – das ist das entscheidende Wort. Bei Arbeiten an Öffi-Strecken ein unverzichtbares, planerisches Vehikel. Wartungen sind doch wohl so getaktet, dass sie aufeinander abgestimmt sind? Die Schulferien sind sicher ein guter Zeitpunkt, um loszulegen (oder stillzulegen), aber: Alle anderen Arbeitnehmer müssen dennoch pünktlich an den Schreibtisch oder an die Supermarktkasse. Die Touristen nicht zu vergessen, die die Lücke, die Schüler hinterlassen, locker in Bussen des Schienenersatzverkehrs wieder auffüllen. Aber vielleicht erfreuen die sich wenigstens an der neuen Sehenswürdigkeit Simultanbaustellen.
Elisabeth Holzer-Ottawa Chronikredakteurin
CONTRA:
Wollen Sie Zustände wie in Deutschland? Extrem verspätete Züge aufgrund einer extrem maroden Infrastruktur? Nein? Eben.
Das heißt, Schienen, Weichen, Bahnhöfe, Brücken müssen laufend saniert werden. Auch bei den Öffis in den Städten.
Dass die U4 in Wien gesperrt ist, weil Tunnelträger saniert werden, ist ja eigentlich beruhigend. Wer will schon durch Tunnel rattern, deren Träger nicht mehr belastbar sind.
Dass die S-Bahn-Stammstrecke modernisiert wird, ist dringend notwendig, will man Zugfahren rund um und nach Wien attraktiv machen.
Die Sommermonate eignen sich für Bauarbeiten am besten. Denn viele Bewohner haben die Ballungsräume verlassen, es geht ruhiger zu. Weniger Pendler sind unterwegs. Ärger ist also nicht angesagt, sondern Gelassenheit. Die ist ohnehin wesentlich besser bei der Hitze.
Die Öffifahrer müssen in den sauren Apfel beißen und sich für einen begrenzten Zeitraum Alternativen überlegen. Innerstädtisch böten sich unter anderem an: Zu Fuß gehen – bei der U4 gilt es eine Station zu überbrücken – , mit dem Rad fahren oder andere öffentliche Verkehrsmittel nutzen.
Wenn eine Ausweichroute durch einen Unfall blockiert ist, wie diese Woche die U6, ist das zwar bitter, es gibt aber Schlimmeres. Auf Dauer kaputte Schieneninfrastruktur etwa, deren Sanierung zu sehr langen Totalsperren führt. Wie in den nächsten Jahren auf deutschen Strecken.
Katharina Salzer Stv. Ressortleiterin Sonntag
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