Ist es sinnvoll, die ORF-Gehälter zu veröffentlichen?


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PRO
Ja, aber nicht kommentarlos. Nicht ohne Namen, Funktion und Summen in einen Kontext und eine Relation zu setzen.
In Relation zu anderen staatlichen heimischen Unternehmen, zu öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten anderer Länder und bitte nicht, ohne seitens des ORF zu erklären, warum die Gehälter veröffentlicht werden.
Genau das passiert aber, seit die GIS-Gebühr ORF-Beitrag heißt und jeder Haushalt monatlich 15,30 Euro zu zahlen hat.
Der Transparenzbericht bringt Schlagzeilen und eine, wenn auch bereits im zweiten Jahr kurze, aber reflexartige Neiddebatte mit sich, die vermeidbar wäre, würde man die Transparenz wörtlich nehmen.
Würde, denn in der Praxis überlässt der ORF die Deutungshoheit anderen, statt das kommunikative Heft selbst in die Hand zu nehmen. Und damit von der Veröffentlichungspflicht im besten Fall zu profitieren – mit gutem Beispiel voranzugehen. Weil man über Geld nicht nur sprechen kann, sondern soll, um eine Leistungs- statt Neiddebatte zu führen. Indem man erklärt, was ein „Hauptabteilungsleiter“ oder „Stabsstellenleiter“ macht. Indem man darlegt, welche Verantwortung oder Haftung mit der Position X oder Y verbunden ist. Und indem man ausführt, wie es zu der wie willkürlich wirkenden Grenze von 170.000 Euro Bruttojahreseinkommen gekommen ist, exemplarisch anführt, wie Top-Gehälter jenseits dieser Grenze zustande gekommen sind und zeigt, was der ORF in Summe leistet. 2026 gibt es die Chance dazu, heuer hat man sie verstreichen lassen.
Johanna Hager leitet das Innenpolitik-Ressort.
CONTRA
Wer mit Öffentlichkeit arbeitet, darf diese auch nicht scheuen. Ich verstehe also die Freude daran, die (Top-)Gehälter der ORF-Kollegen Jahr für Jahr vorgesetzt zu bekommen. Auch mich interessiert, was z. B. Armin Wolf 2024 so verdient hat (rund 14.000 Euro mehr als im Jahr davor). Und dass der Alleingeschäftsführer des Milliardenkonzerns, Generaldirektor Roland Weißmann, nur auf Platz 3 landet, verwundert auch mich.
Transparenz ist gut. Aber sie sollte der Verbesserung dienen, indem sie Nachvollziehbarkeit für alle schafft.
Tut sie das im Konkreten? Untergeordnet, ja. Vor allem aber schafft sie Emotionen. Für den ORF muss das zweite Jahr in Folge jeder Haushalt zahlen. Aus irgendeinem Grund erregt die in den allermeisten Fällen billigere „Zwangsgebühr“, obwohl die alte GIS teurer war und die Gehälter der ORF-Spitzenverdiener geheim blieben.
Über die Gründe kann man nur spekulieren. Fest steht: Heute kann sich jeder durch die Top-Gehälter klicken, Politiker können damit kampagnisieren. Aus sinnvoller Transparenz wird damit ein Marterpfahl.
Andere öffentliche Unternehmen werden nicht vom Bundeskanzleramt aufgefordert, ihre Gehälter einzumelden, um sie dann namentlich der Öffentlichkeit zur weiteren Verwendung zur Verfügung zu stellen. Einzelne Leistungsträger vor den Vorhang zu bitten, ist auch sinnlos. Für die Bewertung der Frage, ob ein Unternehmen vernünftig wirtschaftet, würde das allgemeine Lohnniveau reichen.
Philipp Wilhelmer leitet KURIER.at.
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