Private Gier und der Einfluss des Staates

Bei der Lehman-Pleite versagte die Kontrolle durch den Staat. Dieser ist aber auch kein guter Unternehmer.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Der erfahrene Manager Peter Löscher hat mit einem sehr deutlichen Protest an Finanzminister Hartwig Löger seinen Rückzug als Präsident des OMV-Aufsichtsrats angekündigt. Er sieht die geplante „direkte staatliche Kontrolle“ als Problem für ein Unternehmen, das sich am internationalen Markt bewähren muss. Dieser Schritt kommt genau zehn Jahre nach der Pleite der amerikanischen Lehman-Bank und bietet einen guten Anlass, über das Zusammenwirken von Staat und Wirtschaft nachzudenken.

Die Lehman-Pleite vom 15. September 2008 kam für Experten als ökonomisches Multiorganversagen überhaupt nicht überraschend. Am Anfang stand das Versprechen von Präsident Georg W. Bush, dass jede amerikanische Familie die Chance haben müsse, ein eigenes Haus zu besitzen. Es folgten Kreditvergaben, oft ohne Aussicht auf Rückzahlung. Dann kam die gierige Raffinesse geschickter Banker dazu. Sie verpackten nicht nur viele Kreditverträge in Wertpapiere, sondern erfanden gleichzeitig zusätzliche Instrumente, gegen ihre eigenen Wertpapiere zu wetten. Das klingt sehr verrückt, war es auch, und es fiel natürlich klugen Ökonomen auf. Aber auf diese hörte niemand, schon gar nicht eine Managerkaste, die ihre Abgehobenheit nicht nur mit Bonuszahlungen von oft 100 Millionen Dollar pro Jahr feierte, sondern auch mit Symbolen der Macht, die lächerlich wirkten. Lehman-Chef Robert Fuld war stolz auf einen Lift, den sonst niemand benutzen durfte.

Zum Dossier über die Lehman-Pleite: "Willkommen in der Welt des Misstrauens"

Die nächste Krise wird kommen

Einer der Superstars war Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff, der später mit dem Arcandor-Konzern Pleite machte und wegen privater Ausgaben, die er dem Unternehmen verrechnete, zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Middelhoff beschreibt im Buch „A115, Der Sturz“ nicht nur seine Zeit im Gefängnis, sondern auch seine Entwicklung zu einem „arroganten, eitlen und narzisstischen Menschen“, wie er das in einem KURIER-Gespräch formulierte. Manager, die sich vom normalen Leben völlig entfernt haben, sind die größte Gefahr für ein Unternehmen. Wenn sie geballt auftreten, vor allem in der weltweit vernetzten Finanzindustrie, dann sind sie eine Gefahr für uns alle, siehe Lehman.

Nun bleibt die Frage, ob es die Gefahr einer neuerlichen Weltwirtschaftskrise, ausgelöst durch vielfaches Fehlverhalten, wieder geben kann. Ökonomen sind überzeugt davon, dass neue Formen der Regulierung eingezogen wurden, die uns rechtzeitig warnen würden. Aber gewarnt waren die Experten auch vor zehn Jahren, konnten sich bei Politikern und Mangerstars aber kein Gehör verschaffen. Jetzt käme verschärfend dazu, dass die Politik weltweit deutlich weniger berechenbar ist, wie der Ökonom Karl Aiginger von der „Querdenkerplattform“ im KURIER-Gespräch betont.

Für Österreich und die teilstaatlichen Unternehmen heißt das: Der Staat soll die Rahmenbedingungen festlegen. Wenn er sich überall einmischt, und sei es nur durch die Besetzung von Posten, gefährdet er die Wirtschaft.

Kommentare