Ohne Landessprache kommt man nie an

Die Führerscheinprüfung auf Türkisch soll abgeschafft werden. Warum nicht?
Martina Salomon

Martina Salomon

Man könnte es als typisches Sommerthema

ad acta legen: Verkehrsminister Hofer will die Führerscheinprüfung auf Türkisch abschaffen. Reiner Populismus? Jein. Tatsache ist, dass es zwar sehr viele überaus tüchtige und gebildete Austro-Türken gibt, die sich von Österreichern nur darin unterscheiden, dass sie sich häufiger selbstständig machen. Tatsache ist aber auch, dass sich ein überdurchschnittlich hoher Teil schlecht integriert, wie viele Studien zeigen. Türkische Frauen müssen oft auch noch nach einem halben Leben in Österreich Mann oder Kinder als Dolmetscher zum Arzt oder zur Behörde mitnehmen. Man schaut türkisches Fernsehen, geht zum türkischen Greißler, heiratet untereinander, lernt nie Deutsch. Was auch die Bildungschancen der Kinder einschränkt.

Wer in einem neuen Staat „ankommen“ will, muss die Landessprache lernen. Versuchen Sie mal, für Kanada oder Australien ein Arbeitsvisum zu beantragen: Da werden perfekte Englischkenntnisse vorausgesetzt. Wer argumentiert, dass die österreichische Staatsbürgerin Anna Netrebko auch noch immer nicht Deutsch kann, wählt den falschen Vergleich: Erstens spricht die gebürtige Russin Englisch - und das ist Weltsprache (in der man auch weiterhin den Führerschein machen kann). Zweitens ist es gut, wenn internationale Spitzenkräfte – auch Top-Forscher – zu uns kommen. Es kann nicht das Ziel sein, ein besonders attraktives Land für Unqualifizierte zu sein, die aus mangelndem Bildungswillen womöglich lebenslang Sozialhilfe beziehen.

Der lange Arm Erdoğans

Warum man auf die Türken derzeit besonders schaut? Wegen des beängstigend langen Arms der türkischen Politik nach Europa. So fordert Staatspräsident Erdoğan Musliminnen in Europa auf, viele Kinder zu bekommen, damit Türken an Einfluss gewinnen. Er fördert den türkischen Nationalismus im Ausland. Was dazu führt, dass die in Österreich in Freiheit und Frieden lebenden Türken „daheim“ einen Autokraten wählen, der Zehntausende (vermeintliche) Gegner und kritische Journalisten einsperren lässt. Vielleicht ist das auch eine Art Protest, weil man sich von der hiesigen Mehrheitsgesellschaft nicht genügend geschätzt fühlt.

Der Abschied des deutsch-türkischen Star-Fußballers Özil aus der deutschen Nationalmannschaft gibt dieser Debatte logischerweise neuen Auftrieb. Er hatte Erdoğan im Mai mit einem umstrittenen gemeinsamen Foto Wahlkampfhilfe geleistet. Erdoğan ist für viele Türken ein „Held“ – und die neue Heimat kein Herzensanliegen. Man braucht nur in ein österreichisches Stadion zu gehen, in dem Österreich gegen die Türkei (oder Serbien, Albanien etc.) spielt und das Publikum beobachten: Die oft seit Jahrzehnten hier lebenden Migranten jubeln nie mit der österreichischen Mannschaft. Wobei Özils „Abschiedsworte“ dennoch zu denken geben: Er werde „anders“ behandelt – bei einem Sieg sei er ein Deutscher, bei einer Niederlage ein Einwanderer. So gesehen haben auch die Einwanderungsländer Deutschland und Österreich noch nicht alle „Hausaufgaben“ gemacht.

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