Die gute Nachricht ist in der Sommerhitze dieser Woche untergegangen: Der oberösterreichische Faserhersteller Lenzing zählt neuerlich zur Spitze der nachhaltigsten Unternehmen der Welt. Hier wird konsequent auf Kreislaufwirtschaft gesetzt. Und jetzt die schlechte Nachricht: Lenzing macht Verluste, baut Personal ab und tauscht (wieder einmal) das Management aus. Unlogisch wäre nicht, wenn die Produktion vom Hauptstandort in Österreich zum Beispiel nach Südamerika verlegt würde. Ein brasilianisches Zellstoffunternehmen steigt gerade ein. Womit Lenzing wohl irgendwann einmal nicht mehr bei Umwelt, fairen Arbeitsbedingungen und nachhaltiger Beschaffung in der Top-Liga der Welt mitspielen, dafür aber Gewinne nach Brasilien abliefern wird.
Das ist symptomatisch für Europa, das lobenswert viel für einen nachhaltigen Standort, aber viel zu wenig für die Wettbewerbsfähigkeit getan hat.
Die Industrie – speziell in Österreich – leidet unter Bürokratie, hohen Steuern, neuerdings auch hohen Lohnstückkosten und dreimal so hohen Energiepreisen wie in den USA. Künftig muss daher wieder beides vereint werden: ökologisches und wirtschaftliches Denken. Wo ist denn die von der ÖVP einst propagierte ökosoziale Marktwirtschaft geblieben? Österreich ist beim Wirtschaftswachstum sogar auf den letzten Platz in der EU gerutscht – ein Desaster. Rund die Hälfte der Investitionen großer heimischer Industrieunternehmen fließt bereits ins Ausland, wie die (vom Newsletter Selektiv zitierte) Beratungsfirma Horvath ermittelte. Die seit Jahren von SPÖ und Arbeiterkammer angedrohten zusätzlichen Steuern beschleunigen diese Flucht.
Schon lange eilt uns der Ruf voraus, ein Paradies für Pensionisten mit höchster Lebensqualität und (noch!) bestem Gesundheitsstandard, aber kein interessanter Zielort für Leistungsträger zu sein. Denen werfen wir sogar bürokratische Prügel vor die Füße. Ein japanischer Spitzenkoch, der zum Arbeiten nach Österreich kommen möchte, gilt dann mit über 50 Jahren als zu alt; eine ukrainische Krankenschwester muss trotz akutem Pflegenotstand mit allen möglichen Restriktionen rechnen. Immerhin gilt für Ukrainer ab Oktober die „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“. Geht es hingegen um Sozialhilfebezieher, ist kein Land großzügiger. Warum zum Beispiel müssen Menschen mit Asylstatus für den Nachzug ihrer Familien nicht über ein paar Jahre hinweg ihre Fähigkeit nachweisen, selbst für ihr Leben sorgen zu können?
Es ist ja schön, dass viele EU-Länder (zumindest auf dem Papier) Vorzugsschüler bei ethischen Standards sind. Wenn aber gleichzeitig die Arbeitsplätze in Länder abwandern, die sich diesbezüglich deutlich weniger pfeifen, ist am Ende auch dem Klima nicht gedient.
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