Neues Kabinett: Regieren als Experiment
Jetzt ist sie also geboren, die Expertenregierung, die die SPÖ gefordert hat, und wofür sie mit FPÖ-Hilfe den ersten Misstrauensantrag der Geschichte durch den Nationalrat boxte.
Statt der versprochenen Experten sind allerdings Ministerschatten zum Zug gekommen. Frühere Sekretäre aus Politiker-Kabinetten, die jetzt in Gestalt von Spitzenbeamten die Sessel ihrer Ex-Chefs erklimmen. Hinzu kommen ein paar fragwürdige Rochaden: Worin besteht der Fortschritt, eine parteilose Managerin durch Straches Wehrsportkameraden zu ersetzen? Und ist der irrlichternde Wolfgang Peschorn tatsächlich ein besserer Innenminister als der Top-Jurist Eckart Ratz mit dem erstaunlichen inneren politischen Kompass?
Österreichs Regierung ist zum Experimentierfeld geworden. Im Ministerrat herrscht Einstimmigkeitspflicht. Mehr als der kleinste gemeinsame Nenner unter den neuen türkisen, roten und blauen Statthaltern ist wohl nicht zu erwarten.
Eine Zeit lang wird das Fahren per Autopilot schon gut gehen, dafür sorgt Österreichs funktionierende Verwaltung. Der Schleudertest kommt, wenn unvorhergesehene Kurven auftauchen, die Entscheidungen erfordern: Gas geben? Bremsen? Stehen bleiben?
Unterm Strich ist es aber in Ordnung, wenn sich dieses von oben eingesetzte Kabinett auf bloßes Verwalten beschränkt. Die Österreicher bevorzugen eine Regierung auf der Basis von ihnen bestimmter parlamentarischer Mehrheiten und zugehöriger Programme. Die Wahl 2017 brachte Türkis-Blau. Nach der Offenbarung von Ibiza ist diese Regierung zerborsten. Nun wünschen 70 Prozent der Bevölkerung, in Form von Neuwahlen mitzureden, wie’s weiter geht. daniela.kittner
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