Mit den Jahren gewinnen

Wenn man den Jung-Bonus im Job verliert, kommt stattdessen etwas anderes. Darauf sollte man sich einlassen.
Sandra Baierl

Sandra Baierl

Was alt ist, ist subjektiv. Liegt quasi im Auge des Betrachters. Und wird auf der Welt und in den Branchen völlig unterschiedlich konnotiert: in Japan oder in afrikanischen Ländern ist Alter etwas zum Verbeugen, wird mit Hochachtung gesehen. In der Medizin kommt bei uns die ältere Ärztin besser an als die junge. Auf Bühnen gilt nur als jung und attraktiv, wer unter 21 ist (sage nicht ich, sondern ein heimischer Opernstar unter vier Augen). In der westlichen Welt sollte man also besser nicht alt werden, und – gerade als Frau – auch tunlichst niemals so aussehen.

Nun: Älterwerden ist nicht unbedingt Juhu (sage ich, Mitte 40). Die Gesellschaft liebt das Junge, man selbst ja irgendwie auch. Wenn sich frühmorgens die Alterszeichen im Gesicht zeigen, liegt mir der Jubel fern. Und auch sonst sind die mitschwingenden Themen Vergänglichkeit und Endlichkeit nicht gerade lustig.

Und im Job? Verliert man den Jung-Bonus – weiblich, ledig, lieb, lächelnd, keine Gefahr – spätestens Ende 30. Dann verändern sich die Wahrnehmungen der Mitstreiter und man wird in eine neue Schublade gelegt. Auf der steht dann bestenfalls: etabliert, erfahren, konstant, routiniert, verlässlich – kann was.

Was man also mit den Falten gewinnt, wenn man das möchte, ist eine professionelle Unabhängigkeit vom Aussehen. Sich durch Inhalt und Können von Äußerlichem abzukoppeln, kann nur eine gute Idee sein. Die Expertise lässt sich schön aufbauen, lässt sich sammeln, man wird besser, gewinnt viel durch die Jahre. Auf der anderen Seite ist nicht zu stoppen, was über die Zeit passiert: dass sich das Leben an uns abzeichnet. Das muss nicht negativ sein, auch wenn die Schönheitsgesellschaft das immer so darstellt, sondern ist nur der unaufhaltbare Lauf der Dinge. Unsere Titelstory bringt es auf den Punkt: Falten sind nichts für Anfänger.

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