Wer den neuen, jungen Stil in Türkis hasst, der hasst alles Schöne

Wer den neuen, jungen Stil in Türkis hasst, der hasst alles Schöne
Der Österreicher wittert eine üble Verschwörung im eigenen Glied. Wie absurd!
Michael Hammerl

Michael Hammerl

Es könnte so einfach sein: Der Ball ist rund, das Spiel dauert 90 Minuten und am Ende gewinnen immer die Deutschen. Gut so. Aber nein, sie machen einem dieser Tage alles zunichte. Der Deutsche schenkt dem Franzosen einen Sieg. Und der Österreicher? Ist er nicht zufrieden, dass er dabei sein darf?

Er wittert lieber die Verschwörung im eigenen Glied. Wie absurd! Völlig von Sinnen muss sein, wer nicht erkennt: Grün, Mintgrün und ja, auch Türkis, gehören genauso zum Wiener Jugendstil wie schwungvoll sich rankende Pflänzchen.

Also Klartext: Wer die Dressen des österreichischen Fußballteams hasst, der muss auch das „goldene Krauthappel“ auf der Secession hassen. Er hasst Gustav Klimt und seinen „Kuss“. Er hasst Ornamente, Tiere, Fabeltiere und Wasser. Er hasst sogar Frauen, denen Blumen am Kopf wachsen. Einen solchen Menschen leitet genau genommen nichts anderes als ein irrationaler Hass auf einen neuen, jungen Stil.

Kurz: Er hasst das Schöne.

Dieser postmoderne Grant lässt die Ästhetik verkümmern. Und er hat es gefährlich weit gebracht. Er ist politisch geworden. Er hat sein erstes Opfer gefordert.

Ein Blick zurück: Das Intermezzo im Orient hat ihn zum stämmigen Stehgeiger gemacht. Nun vollführt „Astronautovic“ mit Inbrunst eine moderne Interpretation von Handkes Publikumsbeschimpfung, bis ihm der Kiefer versagt. Anschließend tätschelt er seinem Zuschauer väterlich den Kopf. Alles gut? Mitnichten. „Serbischer Nationalismus“, brüllen die Banausen – wie könnte es anders sein. Unerhört, urteilt der europäische Fußball-Mutterverband und schickt den geerdeten Überflieger zurück in den Lockdown.

Du schönste aller Ballsportarten, was haben sie aus dir gemacht? Nein, dieser neue Stil steht dir nicht.

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