Mehr Transparenz, weniger Verlogenheit bei Postenvergaben

Niemanden hat überrascht, dass es in Regierungen Sideletters gibt. Dass sich künftige Regierungspartner vor der Verehelichung ausmachen, wie anstehende Personalfragen zu lösen sind, ist nicht nur weltweit üblich, sondern auch logisch. Es ist besser, man klärt das vorher. Meist geht es um Nominierungsrechte und Aufsichtsräte, seltener auch um konkrete Personen und operative Führungspositionen, die laut Aktienrecht von den Aufsichtsräten zu besetzen sind. Verstört hat, dass inhaltlich heikle Punkte vor uns und den Parteigremien versteckt worden waren.
Doch zurück zu den Posten: Dass alle Parteien, die an die Regierung kommen, dabei mitmachen, ist nun bekannt. Nach jahrzehntelanger Hegemonialherrschaft von SPÖ und ÖVP, wo EU-Kommissar mit ORF-General junktimiert wurde, haben auch Blaue und Grüne mit der Unterschrift ihrer Parteichefs besiegelt, dass sie am personalpolitischen Pokertisch sitzen. Künftige Empörungsdramen (auch im neuen U-Ausschuss) können also unterbleiben.
Das Problem beginnt aber am derzeitigen System, es ist nämlich von unfassbar großer Verlogenheit geprägt. Da werden parteinahe Aufsichtsräte ausgesucht. Da werden Auswahlkommissionen gebildet, denen Entscheidungen schon vorgegeben werden, teure Personalberater engagiert, die als Feigenblatt für politisch bereits vereinbarte Pakete herhalten müssen. Und am Ende sagt einer wie Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz, der in Sachen Machtpolitik nicht gerade in den Kinderschuhen stecken geblieben ist, dass er bei der Besetzung der Staatsholding nur am Rande eingebunden war. Selten so gelacht. Natürlich müssen in einer Demokratie von der Regierung Personalentscheidungen getroffen werden, dazu haben wir sie gewählt. Sie sollen dabei jedoch qualifizierte Personen auswählen und keine Hinterzimmer-Deals eingehen. Und uns dann nicht ein Theater mit dem Titel „Wasch mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass“ vorspielen.
Türkis und Grün haben in dieser Situation die Chance, mit einer Vorwärtsstrategie etwas besser zu machen, nämlich die staatliche Postenbesetzung auf neue Beine zu stellen, am besten wie bei der Impfpflicht unter Einbeziehung der vernünftigen Oppositionsparteien. Es gehört festgelegt, dass Kanzler und Minister bestimmte Posten in Gesellschaften besetzen, die das Funktionieren des von ihnen gelenkten Staats sicherstellen. Deren Verträge könnten dann befristet sein, damit nicht jeder Regierungswechsel zu einem Heer an teuer (aus-)bezahlten „Weißen Elefanten“ führt. In demokratiepolitisch heiklen Funktionen (Justiz, Sicherheit, Staatsschutz, bald Bundesstaatsanwalt, ORF, im Bildungswesen) sind besondere Spielregeln zu schaffen, die diese Ämter und deren Inhaber vor parteipolitischen Zugriffen schützen, durch lange Funktionsperioden oder erhöhte Zustimmungserfordernisse. Aber die Politiker müssen das, was sie vereinbaren, offenlegen und sich nicht vor der Öffentlichkeit verstecken. Dafür wurden sie gewählt. Und wenn sie durch miese Personalauswahl aufgefallen sind, werden sie vom Volk einfach wieder abgewählt.
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