Ein politischer Prozess? Nein, es geht nicht um den früheren Bundeskanzler Sebastian Kurz, sondern um Donald Trump. Und ja, natürlich sind es im Fall des Ex-US-Präsidenten – bei Trump muss man in der Mehrzahl sprechen – buchstäblich politische Prozesse. Schließlich geht es in drei von vier anstehenden Gerichtsverfahren um höchst politische Vorwürfe:
Etwa um die „Unterstützung eines Aufstandes“, wie sie beim Sturm eines gewalttätigen Mobs auf das Kapitol am 6. Jänner 2021 gegen Trump im Raum steht. Oder um Trumps Anruf beim Gouverneur von Georgia, er solle doch (ohne „bitte“) irgendwo 11.780 Stimmen auftreiben.
Wer vermutet, dass Donald Trump noch vor den Wahlen möglicherweise ins Gefängnis wandern könnte, irrt gewaltig. Amerikas erzkonservatives Höchstes Gericht wird in mehreren anstehenden Entscheidungen vermutlich wenig überraschend urteilen – immer irgendwie zum Vorteil des früheren Präsidenten.
Ungewöhnlich rasch kam da etwa schon gestern der Spruch der neun Höchstrichterinnen und -Richter, dass Trump doch bei den republikanischen Vorwahlen in Colorado kandidieren darf. Gerade noch rechtzeitig vor dem heutigen „Super Tuesday“.
Für den endgültigen Wahlausgang spielt dies zwar keine Rolle – denn im überwiegend demokratischen Colorado macht der Republikaner ohnehin keinen Schnitt. Doch für den Wahlkämpfer Trump ist es ein aufgelegter Elfmeter: Wieder ein Beweis mehr, dass er auf seinem Siegeszug nicht mehr zu schlagen ist.
Generalamnestie
Viel mehr Zeit, nämlich das gesetzliche Maximum, lässt sich das Richtergremium dagegen bei der Klärung der Frage, ob der Republikaner für bestimmte Handlungen während seiner Amtszeit als Präsident überhaupt belangt werden kann oder nicht. Stichwort: 6. Jänner, Sturm aufs Kapitol. Geplante erste Anhörung: Ende April. Einen Prozessbeginn gibt es damit frühestens im September – und selbst bei einem Urteil vor den Wahlen würde Trump in Berufung gehen.
Und sollte der 77-Jährige erneut als Sieger ins Weiße Haus einziehen, wäre es ihm ein Leichtes: Er könnte sich selber eine Generalamnestie gönnen.
Klar ist: Die Höchstrichter bestimmen ihren Zeitplan selbst. Doch Verfahren nach hinten zu legen, kommt Trump zugute – und hat somit direkten Zusammenhang mit dem Wahlausgang. Denn ein verurteilter Donald Trump noch vor dem Wahltag – das würde sogar bis zu ein Fünftel seiner eigenen Wähler abschrecken.
Drei ultrakonservative Richter hat der Ex-Präsident in seiner Amtszeit höchstselbst im Obersten Gericht platziert – das scheint sich nun für ihn auszuzahlen. Denn mit sechs konservativen zu drei liberalen Stimmen wird der Supreme Court zwar keine politische Urteile fällen.
Aber er wird eine Hand auf die Waage der präsidialen Politik legen.
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