Warum der Motor bei VW stottert
Robert Kleedorfer
03.09.24, 18:08Fast 18 Milliarden Euro Reingewinn. So viel verdiente der Volkswagen-Konzern alleine im vergangenen Jahr. Und dennoch schrillen bei einem der Aushängeschilder der deutschen Wirtschaft die Alarmglocken. Vor allem die Kernmarke VW mit den traditionsreichen Modellen Golf oder Polo schwächelt seit einiger Zeit. Es droht ein massiver Personalabbau samt Schließung eines der Stammwerke in Deutschland.
Die Nachricht hat die deutsche Wirtschaftswelt erschüttert, die ohnehin kaum Lichtblicke zu verzeichnen hat. Das Wachstum ist mit der Lupe zu suchen, die Arbeitslosigkeit auf den höchsten Wert seit dreieinhalb Jahren gestiegen, und die unbeliebte Koalitionsregierung in Berlin zankt mehr, als sie Impulse zu setzen vermag. Die Stimmung der Unternehmer ist am Boden, Investitionen in die Zukunft bleiben daher oftmals aus. Zumindest im Inland.
Und jetzt auch noch die Hiobsbotschaft von VW, der mit seinem Käfer wie kaum ein anderer Konzern für das deutsche Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit steht. Das Unternehmen kann sich der Abwärtsspirale, in der sich die deutsche Wirtschaft befindet, nicht entziehen. Bürokratische Hürden, hohe Energiepreise und stark steigende Lohnkosten setzen der Wettbewerbsfähigkeit immer stärker zu. Die (ausländische) Konkurrenz kann teils nur mit höheren Rabatten abgewehrt werden. Das drückt jedoch zunehmend auf den Gewinn.
Die Probleme sind aber auch hausgemacht. Der Konzern ist in seiner Struktur aufgebläht, Entscheidungen dauern lange. Bis Umstrukturierungen greifen, gibt es schon wieder einen anderen Vorstand, der erneut alles umkrempelt. Seit dem Abgasskandal vor neun Jahren kommt Volkswagen nicht dauerhaft zur Ruhe. Dem damaligen Chef Martin Winterkorn, dem nun endlich der Prozess gemacht wird, folgten in relativ kurzen Perioden Matthias Müller, Herbert Diess und im September 2022 Oliver Blume.
Während die ersten beiden voll auf Elektromobilität setzten, fährt Blume diesbezüglich einen pragmatischen Kurs. Ja zu Elektro bedeutet für ihn nicht automatisch ein Nein zu Verbrennern. Ein vernünftiger Zugang, den auch etwa BMW verfolgt. Schließlich ist mit Verbrennern noch gutes Geld zu verdienen, das auch in die Entwicklung von neuen und günstigeren E-Modellen fließt.
Damit dem Konzern die Wende bei der Kernmarke gelingt, müssen die Sparpläne bald umgesetzt werden, auch wenn der mächtige Betriebsrat bereits Widerstand angekündigt hat. Niedersachsen wiederum, das ein Fünftel der Stimmrechte an Volkswagen hält, will natürlich keine Werksschließung im eigenen Bundesland. Ganz ohne Einschnitte wird es aber auch hier nicht gehen. Und andere europäische Hersteller und Zulieferer könnten bald folgen.
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