Es gäbe einen Weg, einen großen Krieg in Nahost zu verhindern

Israelischer Luftangriff auf ein Gebäude im Gazastreifen
Wann kommt der gefürchtete Vergeltungsschlag des Iran? Vielleicht gar nicht - wenn es zu einem Waffenstillstand in Gaza käme
Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

„Auf den Tod zu warten, ist schwieriger als der Tod an sich“ – Sätze wie dieser, den das Mullah-Regime in Teheran in die Welt schickt, gehören zur Taktik des Iran. Das Warten in die Länge ziehen, Israel in nervöser Unruhe halten, die ganze Welt fortgesetzt zittern lassen. Wann also wird er kommen, der angekündigte Vergeltungsschlag der Islamischen Republik? Heute Nacht? Übermorgen? Dann, wenn die Welt gerade wieder ein klein wenig aufzuatmen beginnt?

Sicher ist nur: Er wird kommen, der Gegenschlag – auf die Tötung von Hamas-Führer Ismail Haniyeh durch Israel, mitten in Teheran, allerhöchst demütigend für das Mullah-Regime. Denn nach nahöstlicher Stärke-, Kriegs- und Gewaltlogik darf ein erlittener Angriff niemals unbeantwortet bleiben – und dass der Iran zurückschlagen wird, hat Teheran sofort und unmissverständlich klar gemacht.

Niemand nimmt diese Drohung ernster als Israels engster Verbündeter USA.

Washington hat geballte Feuerkraft in der Region in Stellung gebracht, bestehend aus zwei Flugzeugträgern, einem Atom-U-Boot und Dutzenden zusätzlich hinbeorderten Kampfflugzeugen. Der Aufbau dieser gewaltigen Drohkulisse soll wiederum dem Iran und dessen verbündeten Hisbollah-Kämpfern im Libanon und den Houthis im Jemen signalisieren: Die USA werden Israel mit aller Kraft bei dessen Verteidigung unterstützen – bis hin zu einem Preis, den auch den Iran nicht zahlen will, nämlich einem großen Krieg.

Den will man in Teheran auf alle Fälle vermeiden – denn das oberste Ziel des Iran ist das Überleben der Islamischen Republik. Ein offener Krieg gegen Israel – und damit unweigerlich auch gegen die USA – aber wäre ihr Ende.

Drohkulisse und Diplomatie

Und so bleibt nur zu hoffen, dass Irans angedrohte Vergeltung nicht so viel Schaden und Verluste anrichtet, dass sie nicht doch noch die Lunte zu einer verheerenden Explosion legt. Zu hoffen bleibt aber auch, dass Amerikas Doppelstrategie aus Drohkulisse und Diplomatie doch noch in Richtung Ausweg aus der sich ewig drehenden Spirale der Gewalt führt: Unter massivem Druck der USA wird Israel am Donnerstag an Verhandlungen für einen Waffenstillstand in Gaza teilnehmen. 

Geradezu verzweifelt arbeiten die USA, Katar und Ägypten daran, in den nächsten Tagen ein Abkommen durchzubringen, das die Waffen in Gaza schweigen lassen und die israelischen Geiseln aus der Gewalt der Hamas befreien würde. 

Die Rettung

Ein Waffenstillstand – er wäre die Rettung: für die noch lebenden Geiseln und zwei Millionen palästinensische Zivilisten. Und: Er wäre der gesichtswahrende Ausweg für den Iran. Wäre der Krieg in Gaza gestoppt, könnte Teheran für sich in Anspruch nehmen, für seine „Brüder“ in Gaza das Ende des Sterbens durchgesetzt zu haben – und könnte von einem Vergeltungsschlag sogar absehen.

Kommentare