SPÖ-Machtkampf: Politik ist kein Spaßprojekt
Martin Gebhart
08.10.24, 18:34Zyniker würden sagen: Das war wieder einmal perfektes Timing.
Am Abend vor dem ersten Treffen von ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer mit SPÖ-Bundesparteiobmann Andreas Babler tauchte aus heiterem Himmel die Meldung auf, dass der PR-Berater Rudolf Fußi den roten Chef von der Spitze der Sozialdemokratie verdrängen will.
Mit den neu im Statut verankerten Regeln für einen Obmannwechsel durch Direktwahl. Das hat gesessen. Auch wenn viele Funktionäre mit dem Marketingmann nur sehr wenig anfangen können.
Jetzt ist Rudolf Fußi in der politischen Landschaft als bunter Vogel bekannt, der so manchen Fernseh-Talk durch seine direkte Art unterhaltsam macht. Dem bei solchen Diskussionen der Spaß oft wichtiger scheint als der Inhalt. Nicht bekannt ist er als standfester SPÖ-Vertreter. Dazu war er davor schon bei zu vielen anderen Parteien angedockt. Deswegen wird sein Ansinnen in der SPÖ auch nicht als Erfolg versprechend eingestuft.
Überraschende Ankündigung von Fußi
Dennoch sorgt seine Ankündigung für Unruhe, weil das wieder einmal den Eindruck vermittelt, dass die SPÖ mehr mit sich selbst als mit der Regierungsfindung beschäftigt ist. Das war vor dem Wahlsonntag so – man denke nur an die Kritik von Doris Bures am Wahlprogramm ihres Parteichefs –, das findet trotz Wahlniederlage seine Fortsetzung.
Die Lust am parteiinternen Zündeln ist noch immer größer als die Verantwortung, die die schwierige Lage nach dem Wahlsieg der FPÖ erfordern würde. Die Konsequenzen werden ausgeblendet. Es scheint zu reichen, dass es Spaß macht.
Das kann nicht alles an der Person von Rudi Fußi festgemacht werden. Aber er ist ab sofort das Symbol dafür, dass weder das schlechte Wahlergebnis noch die Aussprache im Präsidium einen Tag danach ein Umdenken bewirkt hat. Die verschiedenen Machtblöcke innerhalb der SPÖ – vom fanatischen Umfeld von Andreas Babler über die Wiener Führung bis zur Bundesländerachse des Burgenländers Hans Peter Doskozil – verharren weiter in ihren Positionen.
Man beobachtet sich gegenseitig, um nur ja zu verhindern, dass eine Seite die Oberhand gewinnt. Wer genau bei dem Vorstoß von Fußi mitgemischt hat, ist momentan noch nicht auszumachen.
Kalkül in der SPÖ?
Das alles passiert in einer Zeit, die nach dem Wahlsieg von Herbert Kickl und seiner FPÖ politisch ohnehin bereits aufgeheizt ist. Kaum jemand wagt mehr eine Prognose, welche Regierung uns nach den vielen parteiübergreifenden Gesprächen ins Haus stehen wird. Zu verfahren scheint die Situation.
In so einer Phase sind parteiinterne Zwistigkeiten Gift und dazu angetan, sich aus dem Spiel zu nehmen. Falls das für manche in der SPÖ sogar Kalkül ist, dann kann man nur hoffen, dass sich am Ende jene Kräfte durchsetzen, die die Sozialdemokraten noch immer als eine staatstragende Partei sehen.
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